/ Wie üblich
Mit Spannung war sie erwartet worden, die gestrige Regierungserklärung „zur wirtschaftlichen, sozialen und politischen Situation des Landes“. Vor allem, weil es dem Land wirtschaftlich und finanziell deutlich besser geht als noch vor einem Jahr gedacht. Und man durchaus die Hoffnung haben konnte, die Regierung werde zumindest einen Teil des Sparprogramms, das sie den Menschen aufgebürdet hat, zurücknehmen.
Doch am Ende der rund 90-minütigen Rede stand fest: CSV – und wohl auch der Koalitionspartner LSAP – halten an dem eingeschlagenen Weg zur Sanierung der Staatsfinanzen fest, koste es die Lohnbeschäftigten und Pensionäre, was es wolle. Denn sie werden auch 2012 draufzahlen. Zumindest das scheint nach der gestrigen Rede klar. Die Index-Thematik wurde vom Regierungschef zwar nur kurz angeschnitten. Doch nach dem Eklat von 2010 anzunehmen, eine nächste Tripartite könnte in diesem Punkt zu einer tragfähigen Entscheidung kommen, die von allen Sozialpartnern getragen wäre, scheint nach aktuellem Stand der Dinge doch reichlich naiv. Der Seitenhieb an die Adresse des Patronats in Sachen Kompetitivität sah da eher nach einer der junckerschen Streicheleinheiten ohne nachhaltigen Effekt aus.
Von der erhofften Zeitenwende demnach keine Spur. Im Gegenteil: Das Juncker-Kabinett bleibt auf Sparkurs. Und weil auch hartnäckiges Leugnen nicht mehr über die sich positiv entwickelnden Staatsfinanzen hinwegtäuschen kann, werden nach althergebrachtem Stil schon mal neue, zusätzliche Ausgabenposten angekündigt. Und zwar solche, gegen die eigentlich niemand opponieren kann.
Wer könnte es sich schon erlauben, Einspruch anzumelden, wenn es um Maßnahmen im Interesse sozial Benachteiligter oder Arbeitsloser geht? Um die Schaffung von energetisch hochwertigem Wohnraum? Oder den Umstieg auf alternative Energieressourcen?
Aber: Was da wie eine große politische Zeitenwende angekündigt wird, ist das nicht eigentlich das Eingeständnis verpasster Chancen in den letzten 10, 20 Jahren? Soziale Organisationen, darunter auch eine Caritas, werden seit Jahren nicht müde, auf die wachsenden Probleme immer weiterer Teile der Jugendlichen in der Gesellschaft hinzuweisen. Hätte man dieses Problem nicht schon anpacken können, müssen, als es noch klein und das Geld reichlich vorhanden war?
Irgendwie vermittelte Juncker gestern das Bild eines doch recht hilflosen Regierungschefs, der versucht, auf den aktuellen Trendwellen zu reiten. Nicht populistisch, aber doch ausreichend populär, um bei möglichst vielen, auch grünen Wählern, zu punkten. Doch was kann sich Otto Normalverbraucher wirklich davon kaufen, dass Luxemburg jetzt für den Ausstieg aus der Atomindustrie ist? Waren „wir“ das nicht schon immer? Die eigentliche Frage ist doch, warum nicht schon seit Remerschen eine alternative Energiepolitik gemacht wird, warum das Land vor über 30 Jahren zwar A (wie Ausstieg), aber nicht B gesagt hat.
Verlorene Jahre
Viele der Wohnungen, die jetzt für teures Geld saniert werden, stammen aus den 1980er- und 90er-Jahren, als Themen wie Energiesparen und Energieeffizienz in Luxemburg noch als spinnertes grünes Zeugs belächelt wurden. So manches Hochtechnologie-Unternehmen aus dem Bereich alternativer Energien könnte heute mehr als nur ein Verkaufsbüro in Luxemburg haben.
Dass die Regierung – zum wievielten Mal eigentlich? – den Wohnungsbau entdeckt, auch darüber kann man sich schon nicht mehr so richtig freuen. Zumal das, was da angekündigt wird, einmal mehr nicht unbedingt kohärent ist. Noch ein „Guichet unique“, noch eine staatliche Wohnungsbaugesellschaft. Und ein „bëlleger Akt“, der zwar bestehen bleibt, von dem sozial schwache Familien am Ende aber wohl am wenigsten profitieren werden.
Was soll das? „Aktiönchen“ statt Aktionen? Aber kein Wort über – für die CSV – sozialpolitisch heikle Fragen wie Scheidungsrecht oder Abtreibung. Es gab schon Fundamentaleres vom Premier zurückzubehalten.
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