Wider die Salamitaktik

Wider die Salamitaktik
(Tageblatt-Archiv/Hervé Montaigu)

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Aus überschaubaren Unternehmen wurden Großkonzerne, weltweit um mehr Profit kämpfende. Einen Teil ihrer Erlöse setzten und setzen sie ein, um Einfluss auf die Politik zu gewinnen.

Wo es ihnen gelingt, vorteilhaftere Rahmenbedingungen zu bekommen (weniger Steuern und Soziallasten, geringere Löhne, höhere Zuschüsse bei Investitionen usw., usf.), da ziehen sie hin.

Alvin Sold asold@tageblatt.lu

In dieser Art Wettbewerb haben die europäischen Staaten sozialdemokratischer Prägung nur dann eine Chance, wenn die gewaltige Kaufkraft von 500 Millionen Menschen das überzeugende Argument bleibt. Paradoxerweise wollen die Austeritätspolitiker, welche gegenwärtig das Sagen haben, diesen Zusammenhang nicht wahrhaben. Sie kürzen die staatlichen Ausgaben, zulasten der mittelständischen Lieferanten hauptsächlich, und verschaffen sich höhere Einnahmen durch die fiskalische Verteuerung von Konsumgütern.

Die Luxemburger CSV/LSAP-Regierung ist unter Juncker und Frieden auf diesen, den Merkozy-Kurs eingeschwenkt. Unter dem Vorwand, wir steuerten auf die Defizit- und Schuldenmauer zu, schafft sie eine miese Geschäftsstimmung und entzieht dem Handel, dem Handwerk und der regional orientierten Industrie die Kaufkraft, welche sie bräuchten, um die Betriebe zielstrebig auszubauen.
Man komme uns nicht mit dem Verweis auf die „doch eher moderaten Maßnahmen“. Diese sind, nach bester Luxemburger Manier, Ausdruck der feigen Salamitaktik, die immer praktiziert wird, wenn der Durchmarsch auf Widerstand stößt. Gestern ärgerte sich der Wort-Leitartikler, dies seien bei weitem nicht die „strukturellen Reformen, die Luxemburg benötigt, um seinen Haushalt langfristig zu stabilisieren und Wachstum zu ermöglichen“.

Was will die fromme Zeitung? Mehr Armut, und wegen der Armut mehr Spielraum für Caritas?

Das grausame Spiel ist doch folgendes:

1. Merkozy, mit bangem Blick auf die Märkte, zwingen die kleineren EU-Partner zu einer generellen, stringenten Budgetdisziplin, die über den Zeitraum 2012-2015 ausgelegt sein soll.

2. Die Eckwerte für ein solches Horoskop werden den nationalen Experten abverlangt. Die tun ihr Bestes und produzieren mathematisch korrekte Hochrechnungen.

3. Diese naturgemäß falschen Hochrechnungen werden von den jeweiligen Mehrheiten (CSV/LSAP) zur politischen Wahrheit erhoben. Sie bieten den Vorwand zumsogenannten Sparen, das in Wahrheit der Einstieg in die Austerität ist.

4. Brüssel bekommt den „big stick“, den dicken Knüppel, in die Hand: Die Kommission straft, wer sich nicht fügt. Wie bequem! Hinter Barroso – Barroso!!! – verstecken sich die Juncker und Frieden und ihre Wasserträger!

Setzen wir die Füße doch wieder auf den soliden Luxemburger Boden.
Wir hatten 1,6% Wirtschaftswachstum im Krisenjahr 2011, und nicht 1,0%, wie das Frieden’sche „Comité de prévision“ glaubte. Wir hatten nicht, wie das „Comité de prévision“ annahm, eine Rezession im 4. Quartal 2011, sondern ein BIP-Plus. Das Zahlenwerk des „Comité de prévision“ für 2012 fußt also auf unrichtigen Daten. Es ist schlicht falsch. Von den Prognosen für 2013, 2014 und 2015 rede man lieber nicht!

Unsachliche Schuldendebatte

Unsachlich ist ferner die Schuldendebatte. Der große Schuldensprung geschah im Herbst 2008, als der Staat sich bei Fortis-BGL einkaufen musste und dafür zweieinhalb Milliarden Euro brauchte, die er für einen Zinssatz von 3,75% bekam.
Inzwischen wirft BGL guten Profit ab, zugunsten Luxemburgs. Die Beteiligung an der Großbank sollte zur Entschuldung nicht verkauft werden! Diese Schuld trägt sich leicht, wie alle, ausnahmslos alle Schulden des Staates, weil alle in notwendige Investitionen flossen!

Aus den Investitionen in Straßen, Eisenbahn, Schulen, Infrastruktur, in Banken rührt, am Ende, die Staatsschuld. Und wenn weiterhin für wichtige Vorhaben Schulden aufgenommen werden, ist das aus unserer Sicht kein Problem. Es muss sein. Im höchsten Interesse der nächsten Generationen!
Oder wollen wir denen ein Hungerland hinterlassen?