Wenn morgen Wahlen wären

Wenn morgen Wahlen wären
(dpa)

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Keine Angst, es sind keine. Morgen ist Péngschten a Mammendag und in Esch sogar Kiermes. Gewählt wird erst im Juni 2014, dann, wenn die Grausamkeiten, welche die Regierung den Regierten zufügt, bereits vergessen sein könnten.

Die öffentliche Meinung ist volatil. Deshalb kann die bestgemachte demoskopische Umfrage sie nur schemenhaft festhalten. Man spricht von einer Momentaufnahme, einer leicht verwackelten vielleicht.

asold@tageblatt.lu

Aber: Das Bild ist da, nach der Tageblatt-TNS-Ilres-Sondierung. Wenn morgen Wahlen wären, erhielte die CSV keine 26 Sitze mehr wie noch 2009, sondern 24; die LSAP fiele von 13 auf 11 zurück, die Grünen sprängen von 7 auf 9 empor, die DP behielte ihre 9, die ADR bekäme 5 statt 4, und „déi Lénk“ hätte zwei statt einem.
Ein, für luxemburgische Verhältnisse, erdrutschartiges Resultat!

Aus unserer Sicht ist der endlich gebrochene Aufwärtstrend der CSV das wichtigste Signal dieser Studie. Es war zu fürchten, dass die römische Partei ihren seit und dank Juncker unaufhaltsamen Aufstieg fortsetzen könnte, womöglich über die nahe Schwelle der absoluten Mehrheit (31) hinaus. Nur 5 Mandate fehlten; eine Kleinigkeit, wenn die ADR-Klientel zurück in den Schoss der Mutter CSV fände.

Es ist nunmehr für jeden, der von Parteipolitik etwas versteht, glasklar, dass die CSV mit ihrem Chef den Zenith überschritten hat und in absehbarer Zeit nicht allein herrschen kann über dieses Land.
Sie wird, so oder so, Partner brauchen, rote, blaue, grüne.
Sie mag genüsslich feststellen, dass ihre drei möglichen Mehrheitsbeschaffer arithmetisch austauschbar sind.

Aber eben nur arithmetisch. Hinter der einen oder der anderen Farbe wäre, wenn es drauf ankäme, in der realitätsbezogenen Wirtschafts- und Sozialpolitik, nur Luft.
Das weiß keiner besser als Juncker, der so jung noch erleben muss, wie sein Einfluss in Europa und in Luxemburg schwindet. Qui trop embrasse, mal étreint.

Warum sollten die drei „austauschbaren“ CSV-Koalitionäre nicht, in Anbetracht des Trends, der ja summa summarum gegen die orangefarben getarnten Schwarzen spricht, die doppelte Tatsache verdrängen, dass sie, zusammen, laut Umfrage, keines ihrer addierten 29 Mandate verlören? Dass sie, zusammen, wenn sie denn auf die Gewinnerstraße träten, das politische Recht hätten, einer Verlierer-CSV die Macht abzustreiten? Damit endlich auch in Luxemburg probiert würde, was die Demokratie kann: Goliath down, David up?

Gut wär’s doch, wenn die Fenster weit aufgerissen würden, damit ein frischer Wind das seit 1979 (so lange sind die schon dran, die CSV-Herren) nur notdürftig gelüftete Haus durchwehte.
Was wäre denn, wenn die Luxemburger Kumpanen der Wegbereiter des europäischen Niedergangs (solche sind, objektiv betrachtet, die gegenwärtigen Machthaber in der Union, und in den meisten EU-Staaten sowie im EU-Parlament und in der EU-Kommission sind es Christdemokraten) für eine vernünftige Zeitspanne in die Opposition geschickt würden, bei der nächsten Gelegenheit?

Damit diese Fast-Utopie in den Raum des denkbar Möglichen einträte, müsste die LSAP, welche gegenwärtig nicht mehr 21 oder 17, oder 14, oder 13, sondern 11 Sitze auf die Waage brächte, den Wink mat der Scheierpaart verstehen, welcher die Tageblatt-TNS-Ilres-Umfrage ist.

Sie suche Alliierte

Ihre Vordenker sollten, anstatt über die Kritik aus dem Gewerkschaftslager zu lamentieren, den Schlussstrich unter die Jahre ihrer unnützen Kompromissionen ziehen. Es gab deren zu viele.

Eine linke Partei wie die LSAP verliert ihre Identität, wenn sie hilft, den gängigen Kapitalismus in dessen Interesse zu verwalten. Ihr erster Auftrag, wie der ihrer Schwesterparteien, deren genereller Niedergang in Europa uns erschreckt, besteht darin, den Kapitalismus sozialgerecht zu reformieren. Dafür suche sie Alliierte. Dafür, dafür gäbe es solche zuhaus und zuhauf.