Wenn man es denn kann

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Da staunen nicht nur die Briten. Die ersten sechs Berichte als Vorarbeit zum Referendum 2017 über den Verbleib Großbritanniens in der EU, kommen zur Erkenntnis, dass heutzutage jedenfalls, die Briten von der EU im Prinzip eher profitieren.

In Großbritannien, wo Premier Cameron für das Jahr 2017 ein Referendum über den Verbleib innerhalb der Europäischen Union angesetzt hat, nachdem er mit Brüssel neue Verhandlungen über Zuständigkeiten geführt haben will, kommen die Autoren der ersten sechs Berichte, die sich mit den Vorarbeiten befassen, zur Erkenntnis, dass die künftigen Untertanen von Royal Baby George, heutzutage jedenfalls, von der EU im Prinzip eher profitieren. Das ausgerechnet in einem Land, dem immer wieder vorgeworfen wird, es wolle gar keine Europäische Union, sondern begnüge sich vollauf mit einer Art größerer Freihandelszone Europa, in der jedes Land politisch selber bestimmt, wo es langgeht.

Serge Kennerknecht skennerknecht@tageblatt.lu

Die Berichte zeigen, dass vieles, was von Kritikern im Zusammenhang mit der EU angeprangert wird, eher einem Bauchgefühl entspringt, als auf Realitäten zu fußen. Vielleicht weil es immer einfacher ist, die Gründe für Dinge, die fehllaufen, bei anderen als bei sich selbst zu suchen. Und auch Politiker nur Menschen sind, wenn sie genau dies tun.

Die Berichte zeigen auch, dass Großbritannien innerhalb der EU wesentlich stärker integriert ist, als die Briten dies wahrhaben wollen. Ob Binnenmarkt, Steuern oder Gesundheitswesen, die Briten sehen sich gut aufgestellt. Ausgerechnet. Die ewigen EU-Nörgler.

Über Jahrzehnte hinweg

Bei uns ist das ja anders. Luxemburg ist anscheinend nicht gut aufgestellt. Oder wenigstens nicht mehr so gut aufgestellt. Vielleicht schon leicht gekrümmt, wenn man sich so umhört. Denn wir sollen uns ja jetzt neu aufstellen. Also bestimmte Politiker wollen das. Damit es uns besser geht und wir wieder Perspektiven entwickeln können. Auf diesem nun forsch angegangenen Weg kann man sogar aufrechte Stimmen hören, die bislang als ziemlich britisch verschrien wurden.

Frei nach dem F.W. Bernstein’schen Motto „Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche“ will jetzt auch Premier Juncker offensichtlich für weniger europäische Integration werben. Er hat gesagt, er wolle nicht, dass wir so werden wie die anderen, sondern „bleiwen, wat mer sinn“. Das wollen wir ja auch. Aber wir wollen nicht schlecht aufgestellt bleiben. Deswegen kommt jetzt der Neuanfang. Denn den sollen, ohne dass die Regierung zurückgetreten oder irgendeine Abstimmung im Parlament erfolgt wäre, die nun angesetzten Neuwahlen bringen. Wird gesagt. Neuwahlen, Neuanfang, das liegt quasi auf der Hand. Wobei das mit den Neuwahlen ja noch einigermaßen verständlich ist, nachdem Premier Juncker in die Bredouille geraten war.

Das mit dem Neuanfang hingegen ist komplizierter. Ein solcher ist eigentlich ja nur nötig, wenn bislang alles schiefgelaufen ist. Man macht „tabula rasa“, fegt also alles vom Tisch und beginnt von vorne.

Weil man sich möglicherweise in einem „veränderten Umfeld“ befindet und sich die „Umstände geändert“ haben. Oder weil man sich in einigen Dingen verzettelt, gar falsche Schritte in die Wege geleitet hat. Nicht auszudenken auch die Möglichkeit, eine zu eigensinnige, eventuell sogar falsche Politik betrieben zu haben, wirtschaftlich, gesellschaftlich, sozial, über Jahrzehnte hinweg.

Daher sicher auch der Wunsch so mancher gestandener Politiker, den Neubeginn in die Hand zu nehmen. Besonders dann, wenn man der bereits so endlos lange federführenden Partei im Lande angehört. Das ist in Ordnung so. Was man selber vergeigt hat, sollte man auch selber richten. Wenn der doch so falsch aufgestellte Wähler das so will. Und wenn man es denn kann.