Wenn das Geld aufwärts fließt

Wenn das Geld aufwärts fließt

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Wasser fließt abwärts. Die Wiesenquelle fließt in die Alzette, die Alzette in die Sauer, die Sauer in die Mosel, die Mosel in den Rhein und der Rhein ins Meer. Sollte Geld nicht abwärts fließen, hin zu den Meisten? Ist nicht die sozial gerechte Umverteilung des gemeinsam geschöpften Mehrwertes das Ziel des modernen Staates? Aufgrund einer...

Luxemburg war während der vergangenen Jahrzehnte außerordentlich erfolgreich. Wir überlebten die große Stahlkrise der 70er und 80er Jahre nicht nur unbeschadet, sondern wussten, dank einer einzigartigen nationalen Solidargemeinschaft, Kapital daraus zu schlagen.
In der Folge konnten die jeweiligen Finanzminister ausgeben, wie und was sie wollten. Immer waren genug Millionen und Milliarden da. Man dachte nicht an Defizite.

Jetzt gibt es welche. Sie verstoßen zwar gegen keine EU-Regel (Luxemburg ist im März 2010 aus der Sicht der berühmt-berüchtigten Rating-Agenturen eines der wenigen AAA-Länder weltweit), aber es droht die peinliche Tatsache, dass Hinterfragen unweigerlich fachliche Inkompetenzen aufdeckt.
Oder, was gleich schlimm wäre, dubiose Fixkosten offenlegt, die einer Partei, immer derselben, elektoralen Gewinn sicherten. – Die CSV verpasste 2009 die absolute Mehrheit nur knapp!

Uns befremdet die Tatsache, dass in der Tripartite über alte Haushaltshypothesen – denn genau das ist das zurzeit vorliegende Zahlenwerk – diskutiert wird.

Wann endlich wissen wir genau, wie viel Defizit im Verhältnis zum BIP Luxemburg aus der Sicht der Brüsseler Oberinspektoren denn in den Jahren 2008 und 2009 machte?

Wäre die derzeit sehr negative Prognose für 2010 noch haltbar, wenn 2009, immer nach EU-Maßstab, besser abschlösse? Gäbe es dann noch eine Rechtfertigung für irgendwelche drastischen Maßnahmen? Wir meinen damit solche, die den kleinen Mann, den Normalbürger, belasten.

Warum hat es Junckers Nachfolger, dieser Herr Frieden, so eilig mit seiner Sparpolitik, die darin besteht, dass die Geldströme von unten nach oben fließen müssen? Weil er kein Risiko eingehen möchte?

Dann wäre er eine Fehlbesetzung. Finanzminister müssen über das Tagesgeschäft hinausblicken und -denken können.
Apropos Geschäft.

Um das reine Geschäft geht es dem dritten Tripartite-Teilnehmer, dem Patronat, das in den letzten Jahren mutierte.
Seine Sprecher mögen noch Luxemburger sein, sogar hierzulande geborene, aber sie reden wie ihre Herren, welche die Industrie und den Finanzsektor in Luxemburg nun beherrschen.

Das Modell, an dem sich der Unternehmerverband UEL orientiert, ist Importware aus Deutschland.

Löhne runter, um 10 bis 20%, je nach Branche, Index auf Eis, längere Arbeitszeit, höhere Sozialbeiträge ausschließlich zulasten des Personals, Abkoppelung des Mindestlohnes und der Renten von der allgemeinen Lohnentwicklung, so lauten die Rezepte derer, die sich kurzfristige Vorteile gegenüber anderen EU-Gründungsländern verschaffen möchten.

Mme Lagarde, die französische Finanz- und Wirtschaftsministerin, hat das deutsche Wettbewerbs-Kriegsspiel durchschaut: Fußen die gigantischen deutschen Exportüberschüsse nicht auf (zu) niedrigen Lohn- und Lohnnebenkosten? Wäre es nicht richtiger, wenn die deutschen Unternehmen ihre Mitarbeiter wieder besser bezahlten, anstatt die EU-Partner in die Ecke zu drücken?

Luxemburg braucht kein Hartz-IV-Modell

Hartz IV und andere soziale Untaten kamen in Deutschland mit Hilfe einer SPD zustande, die sich für den sozialen Abbau missbrauchen ließ. Sie bekam die verdiente Strafe.

Wo steht die Luxemburger LSAP jetzt, nachdem der OGB-L Klartext sprach? Ist das Luxemburger Modell, für dessen unverfälschten Bestand die Gewerkschaft zum Generalstreik aufriefe, den Sozialisten gegebenenfalls den politischen Streit wert?

Warum muss die Frage überhaupt gestellt werden?

Alvin Sold
asold@tageblatt.lu