/ Vorsicht! Porzellan!
Die CSV mag 26 Abgeordnete „besitzen“ und die LSAP deren nur 13 zählen: Wichtige, richtungsweisende Entscheidungen fallen erst, nachdem außerparlamentarische Kräfte (wie Gewerkschaften, Verbände, Berufskammen) in die Lösungsfindung einbezogen wurden.
Alvin Sold
asold@tageblatt.lu
Oft kann oder könnte die LSAP mit energischer Unterstützung rechnen.
Voraussetzung für den Sukkurs der Freunde ist natürlich, dass gesellschaftspolitische und soziale Fortschritte das oberste Ziel der
Roten bleiben.
Kompetenz und Durchsetzungsvermögen
Kompetenz in Wirtschafts- und Finanzdingen hat heute jeder und keiner, wie die Krise zeigte; Kompetenz und Durchsetzungsvermögen im Sozialbereich sollten, für
die Linke, die raison d’être einer Regierungsbeteiligung sein. Steht die LSAP noch zu ihrem ursprünglichen Auftrag, der in der Besserstellung des Salariats bestand? Mittels einer Umverteilung von oben nach unten? – Eine solche postuliert heute wie gestern den Willen zur prinzipiellen Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner und sogar mit dem Koalitionspartner. Fühlte die LSAP sich so gering, dass sie meinte, vor der CSV buckeln zu müssen? Wegen deren vermeintlicher Stärke?
Was ist denn eine Volkspartei à la CSV mehr, oder anderes, als ein loser Interessenverbund, fußend auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner? Man sehe sich die heutige Führung dieses überaus erfolgreichen Geschäftsvereines an: Wo sind da die Christen?
Reformbereitschaft der Sozis
Wenn uns das Bedürfnis überkommt, den Sozis ins Gewissen zu reden, möchten wir, dass die Partei, der wir die Bereitschaft zu guten Reformen unterstellen, auch den Mut dazu findet, koste es im ersten Anlauf, was es wolle, Regierungskrise einbegriffen.
Ist die von Mars di Bartolomeo, LSAP, geplante Pensionsreform eine gute?
Fragte man ihn selber, würde er antworten: Ich weiß es nicht, wir sollten diskutieren.
Vorsicht! Da liegt altes Porzellan, kostbares, zerbrechliches!
Unbeartwotete Fragen
Warum wagt ein LSAP-Exponent sich überhaupt an dies Ding heran? Was will er beweisen? Dass er kann, was Juncker von ihm verlangt?
MdB braucht gar nichts zu beweisen. Alle wissen, dass das Luxemburger Pensionssystem wegen
– erstens der generell höheren Lebenserwartung, und
– zweitens der rasch wachsenden Rentnerzahl
aus dem Ruder läuft.
Des Rätsels Losung
Was tun? – Die Beiträge erhöhen, die Leistungen kürzen, oder beides zusammen? Wie einfach, nicht wahr? Wie unannehmbar!
Di Bartolomeo, ein erprobter Streiter für das Bestmögliche, handelte klug, als er nicht, wie üblich, mit einem Gesetzesprojekt an die Front trat, sondern nur mit ein paar Ideen, die er allesamt zur Debatte stellte.
Damit schaffte er sich Spielraum nicht nur für Verhandlungen mit den in dieser Sache besonders empfindsamen Gewerkschaften OGBL und CGFP, sondern auch für neue Ideen. Wer weiß, zu welch kreativen Höhen sich das Luxemburger Modell noch aufschwingen kann?
Nur Verlierer?
Wenn es sich aber herausstellte, am Ende, dass es nur Verlierer gäbe, weil die wirklich Reichen nicht in die Finanzierung der Reform einbezogen werden könnten, dann kämen wir auch in Luxemburg der (überfälligen?) Systemfrage ein Stück näher.
Diese besteht letztlich darin, zu wissen, ob die politischen Machthaber, obwohl nach demokratischen Vorgaben gewählt, nicht am Ende Söldner sind.
Solche, die wegen sogenannter Sachzwänge von unten nach oben umverteilen.
Ungehindert.
Man werde, man sei kritischer!
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