/ Vorsicht, Experten!
Nein, dass es Idioten sind, wollen wir ihnen nicht unterstellen, aber warum sollten sie nicht alle gleichzeitig irren können? Wenn ein Experte irrt, kann man doch davon ausgehen, dass es einen zweiten gibt, der irrt, und einen dritten usw. Auch wenn alle einer Meinung sind, bedeutet das noch lange nicht, dass sie nicht alle irren können.
Allein die Annahme von Minister Krecké, es könnten unmöglich alle Experten unrecht haben, nur weil sie Fachmänner oder -frauen sind, zeugt davon, wie weit die Politiker die Politik bereits aus der Hand gegeben haben. Dabei heißt es doch verstärkt, die Politik soll das Primat gegenüber der Wirtschaft wiedererlangen. Dass niemand alles wissen kann, liegt auf der Hand. Im Zweifelsfalle fragt man jemanden, der es weiß. Zweifel sind jedoch angebracht bei denjenigen Fachleuten, die uns die Zukunft voraussagen. Sie erinnern stark an Wahrsager, Kaffeesatzleser oder sonstige Scharlatane.
Glaube vs. Wissen
Mit schuld an dieser Entwicklung ist der zwei Jahrtausende alte Einfluss von wissensfeindlichen Ideologien.
Wissensfeindlichkeit wird auch heute noch oft hinter Dogmen versteckt, wie sie die Kirche kennt. Als Christ muss man nur glauben, dass Jesus der Fleisch gewordene Sohn Gottes ist, die Praxis des Glaubens wird einem von den christlichen Fachleuten, den Priestern, erklärt. Kritisches Hinterfragen war Ketzerei und wurde in der Vergangenheit unter Umständen mit dem Tod bestraft. Die marxistische Religion war nicht viel anders. Ein Marxist muss an die historische Rolle des Proletariats glauben, und daran, dass die Geschichte sich in eine vorherbestimmte Richtung entwickelt (historischer Determinismus), die Einzelheiten werden von den Parteitheoretikern erläutert.
Anhänger des freien Marktes glauben, dass der Markt alles regelt, die Details werden von Wirtschaftswissenschaftlern erklärt, wobei schon allein das Wort „Wirtschaftswissenschaftler“ ein Paradox an sich ist. „Der Index schadet der Wettbewerbsfähigkeit“ wurde von ihnen zum Dogma erklärt: Es zu hinterfragen, ist nicht angebracht. Man wird zwar dafür in den meisten Fällen nicht mehr umgebracht, aber als Fantast abgetan.
Dies und das muss geglaubt werden, dann erscheint alles andere ganz logisch, da es ja von Experten erklärt wird. Glaube wird dabei als Wissen verkauft. Wer glaubt, der weiß jedoch noch lange nicht.
Wichtiger als Expertenwissen erscheint uns der gesunde Menschenverstand zu sein. Leider scheint es doch eher so, dass sich „Fachwissen“ und „gesunder Menschenverstand“ gegenseitig ausschließen. Das erkannten schon cleverere Leute als Leitartikler, wie z.B. der deutsche Schauspieler Hannes Messemer: „Experten sind Leute, die andere daran hindern, den gesunden Menschenverstand zu gebrauchen.“
Minister Krecké scheint Zitate ja auch zu mögen, setzte er doch an den Anfang seiner 65 Vorschläge zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Landes das Bonmot von Winston Churchill „Gentlemen, we have run out of money, now we have to think“. Wir wollen ihm deshalb zum Abschluss (noch) ein Zitat, von einem anderen, sehr erfahrenen Politiker, dem ehemaligen französischen Staatspräsidenten Georges Pompidou, mit auf den Weg geben: „Ein Ruin kann drei Ursachen haben: Frauen, Wetten oder die Befragung von Fachleuten.“
Claude Molinaro
cmolinaro@tageblatt.lu
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