Volksfeinde

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Trump hasst die Pressefreiheit

Nach dem Tode Stalins verbot sein Nachfolger Nikita Chruschtschow den Gebrauch des Ausdrucks „Volksfeind“ in Bezug auf politische Gegner und Dissidenten, wie Andrew Higgins am Sonntag in der New York Times schrieb. Dabei war Chruschtschow trotz der von ihm ins Werk gesetzten Destalinisierung alles andere als ein Liberaler. Immerhin hatte er Stalins Vertrauen während des Krieges als besonders harter Knochen erworben.

Indem Donald Trump nun jene Presse, die es wagt, ihm an den Karren zu fahren, pauschal als „Volksfeinde“ attackiert, lässt er erkennen, wie gefährdet die demokratischen Freiheiten in den USA mittlerweile sind.

Man muss in diesem Zusammenhang immer wieder daran erinnern, dass „das Volk“ Trump mitnichten gewählt hatte, da er beim „popular vote“ fast drei Millionen Stimmen weniger als Hillary Clinton einzufahren vermochte.

„Volksfeinde“ und „Verräter“, das sind Ausdrücke, die politisches Dynamit beinhalten. Denn diese Begriffe schreien geradezu nach Bestrafung, ja nach Ausmerzung derjenigen, die dem Volk Schaden zufügen wollen.

Wer die freie Presse offiziell als Feind bezeichnet, gibt klar zu erkennen, dass er deren Freiheit über kurz oder lang abzuschaffen gedenkt.

Sicher, kein Präsident ist dazu verpflichtet, der Presse mit inniger Liebe zu begegnen. Lyndon B. Johnson, der texanische Schwerenöter, sagte einmal über die Pressebengels, dass es besser sei, „wenn du diese Bastarde in deinem Zelt hast und sie pissen raus, als dass sie vor deinem Zelt stehen und sie pissen rein“. Not much love lost zwischen ihm und der Journaille also, und doch traute er sich niemals, die Grundlagen der Pressefreiheit in Frage zu stellen.

Wenn Trump die liberale Presse andauernd der „Fake News“ zeiht, obwohl er seine Vorwürfe bisher nicht auch nur einmal hätte belegen können, wenn er Times, Post und CNN kindischerweise grundsätzlich mit dem Epitheton „Fail“ belegte, dann beweist er – der doch eigentlich kraft seines Amtes der prominenteste Verteidiger des „First Amendment“ der US-Verfassung sein müsste –, dass er die von der Verfassung garantierten und geschützten Rechte nur so lange hinzunehmen bereit ist, wie sie seinen megalomanen Allmachtsfantasien nicht im Wege stehen.

Seine Partei steht derweil daneben und schaut zu. Außer McCain und einer Handvoll Unentwegter scheinen die meisten GOP-Granden keinerlei Grund zur Beunruhigung zu sehen.

Sie wollen Trump offenbar benutzen, solange er ihnen selbst nützlich ist. Sobald er dies nicht mehr sein sollte, wird er dann abserviert.

So oder so ähnlich hatte es sich das erzkonservative preußische Bürgertum einst auch mit Hitler vorgestellt. Doch es kam anders. Ganz anders …