Verstoß gegen Völkerrecht

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Brasiliens Staatschefin Dilma Rousseff hat am Dienstag den USA vor den versammelten Vertretern der Weltgemeinschaft von der New Yorker UNO-Tribüne herab ganz ordentlich heimgeleuchtet.

Die Spionageaktionen der „National Security Agency“ (NSA), des krakenhaften Big-Brother-Apparats, mit dessen Hilfe die US-amerikanische Regierung den Rest der Welt ausspioniert, haben auch vor Präsidentin Rousseff und deren engsten Mitarbeitern nicht haltgemacht.

Francis Wagner fwagner@tageblatt.lu

Rousseff hat dies am Dienstag im Hauptquartier der Vereinten Nationen als eine Verletzung des Völkerrechts bezeichnet. Und recht hat sie.

Dass die USA mit dem Rest der Weltgemeinschaft nach Gutsherrenart verfahren und einfach tun, wie sie grad lustig sind, ist ein Skandal, der nicht länger still und stumm hingenommen werden kann. Dass es nun die Präsidentin Brasiliens war, die den Yankees „den Diks geriicht“ hat, stellt für Washington natürlich schon ein Problem dar.

Rousseff ist nun mal nicht Häuptling irgendeines mittelamerikanischen Kleinstaates, den man wie lästige Schmeißfliegen verscheuchen und dann mit einigen mehr oder weniger subtilen Drohungen zum Schweigen bringen kann.

„Ein Affront“

Brasilien ist vielmehr die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas und das bevölkerungsreichste Land dieses Kontinents obendrein.

Rousseffs Stimme hat Gewicht. Die Präsidentin erklärte, dass sie dazu entschlossen ist, „die Menschenrechte aller Brasilianer zu verteidigen“.

Und Menschenrechte liegen ihr nicht von ungefähr am Herzen: Erinnern wir daran, das Rousseff für ihre politischen Aktivitäten Haft und Folter erleiden musste, und dies von Hand jener Sorte von Militärschergen, die Lateinamerika mit aktiver Förderung durch die USA über Jahrzehnte hinweg knechteten.

Doch heute ist Brasilien ein großes, stolzes und freies Land, das sich nicht mehr von Uncle Sam demütigen lassen will. Rousseff machte auch deutlich, dass sie Washington die offizielle Begründung für die NSA-Aktivitäten nicht abkauft: Sie hat guten Grund, zu glauben, dass es den USA keinesfalls in erster Linie um Terrorbekämpfung geht, sondern dass es sich hier viel eher um Wirtschaftsspionage handelt.

In der Luftfahrt z.B. verfügt Brasilien mittlerweile über eine Industrie von Weltrang: Die „Empresa Brasileira de Aeronáutica“ ist unangefochtener Weltmarktführer auf dem Gebiet der Regionaljets. Und auch wenn Embraer mit Boeing zusammenarbeitet, so darf man wetten, dass die US-„Partner“ nichts unversucht lassen, um sich so viel intellektuelles Eigentum dieser, aber auch anderer brasilianischer Firmen und Forschungseinrichtungen unter den Nagel zu reißen wie nur irgend möglich.

Rousseff hat am Dienstag an die Adresse ihres Washingtoner Amtskollegen Obama festgestellt, dass das US-Vorgehen „einen Affront gegen die Prinzipien, die den Beziehungen zwischen befreundeten Nationen zugrunde liegen müssen“, darstellt.

Man würde sich wünschen, dass mehr europäische Politiker den Mut hätten, so klare Worte gegenüber den „United Spooks of America“ zu finden, wie Rousseff das am Dienstag vor der UNO-Generalversammlung tat.