(Un)soziales Europa

(Un)soziales Europa
(dpa)

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Das soziale Europa: oftmals wird es herbeigewünscht, gefordert oder es wird darüber dissertiert, doch leider bleibt es bislang in den meisten Fällen eine leere Worthülse, für dessen Umsetzen noch viel Umdenken, Mut und Engagement benötigt wird.

Eher positiv war diese Woche die Vereinbarung der europäischen Arbeitsminister, strengere Kontrollen bei der Entsendung von Arbeitnehmern ins EU-Ausland einzuführen. Europa muss sich der Verantwortung stellen, der Ausbeutung von Arbeitnehmern im EU-Ausland sowie Dumpinglöhnen, die arbeitsrechtliche und soziale Errungenschaften aushöhlen, Einhalt zu gebieten.

Auch wenn es sich beim EU-Kompromiss um einen Schritt in die richtige Richtung handelt, wäre es allerdings wünschenswert gewesen, wenn die EU noch einen Schritt weiter gegangen wäre. So ist das Prinzip der „solidarischen Verantwortung“ – das bedeutet, dass bei Missachtungen der Gesetzgebung sich die ganze Kette und nicht nur das Subunternehmen verantworten muss – lediglich eine Option und keine obligatorische Bestimmung.

Generell gibt es in der Europäischen Union in puncto soziale Gerechtigkeit noch eine Unmenge von Baustellen. So muss Europa endlich mit seiner Austeritätslogik brechen und einen grundlegend verschiedenen, politischen Kurs einschlagen.

Die Reallöhne sinken

Denn Europa braucht eine Politik, die den sich diskret abzeichnenden, wirtschaftlichen Aufschwung nicht behindert, eine Politik, die das Prinzip der sozialen Gerechtigkeit großschreibt und im Interesse der Allgemeinheit wirkt und nicht im Interesse unterschiedlicher Lobby-Gruppen, die nur die eigene Profitmaximierung anstreben. Das dramatischste Beispiel der Folgen der unsozialen EU-Politik ist das unter der sozialen Krise ächzende Griechenland. In Hellas wird die Misere nämlich immer mehr zur Norm. Rund ein Drittel der Bevölkerung gilt mittlerweile als armutsgefährdet. Die Anzahl der armen oder sozial ausgegrenzten Kinder in Griechenland beläuft sich auf fast 600.000.

Doch in ganz Europa zeichnet sich für die Arbeitnehmer ein wenig rosiges Bild ab. So belegt der Tarifbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) eindeutig, dass die realen Arbeitseinkommen sinken. Im vergangenen Jahr mussten die Lohnempfänger in 20 EU-Ländern Verluste bei den Reallöhnen hinnehmen. Nach Abzug der Inflation sind die Löhne nämlich im Durchschnitt um 0,7 Prozent gesunken. Auch Luxemburg ist keine Ausnahme. Im Gegenteil, auch hierzulande gab es Einbußen und die Kaufkraft hat sich verschlechtert.

Diese Realitäten sollten auch der neuen Luxemburger Regierung zu denken geben. Einerseits besteht die Notwendigkeit, dass die Staaten sich in der EU verstärkt für den sozialen Fortschritt und gegen falsche Dogmen (Austerität, Liberalisierung öffentlicher Dienstleistungen wie z.B. die Bahn, …) einsetzen.

Andererseits sollte auch hierzulande neben den geplanten, unentbehrlichen, gesellschaftspolitischen Reformen, die die Luxemburger Gesellschaft einen großen Schritt nach vorne bringen können, die Wichtigkeit der sozialen Gerechtigkeit und des Kaufkrafterhalts nicht vernachlässigt werden.