/ Totale Transparenz
Die Herren der Ringe, das sind die 110 Mitglieder der Vollversammlung des Internationalen Olympischen Komitees. Sie bestimmen alle zwei Jahre, welche Stadt die Olympischen Spiele austragen darf, was neben der Wahl des IOC-Präsidenten ihre eigentliche Daseinsberechtigung ist.
Philip Michel
pmichel@tageblatt.lu
Es geht um die Ausrichtung der Winterspiele 2018, in anderen Worten um Millionen. Die Kosten der Bewerbung belaufen sich im Fall von München auf 30 Millionen Euro. Das IOC bestimmt die Regeln und trägt selbst keinerlei finanzielles Risiko. Die Bewerberstädte müssen dem Olympischen Komitee zudem u.a. eine Steuerbefreiung auf die Einnahmen zusichern. Wer das nicht akzeptiert, hat im Rennen um die Spiele keine Chance.
Ähnlich praktiziert es auch der internationale Fußballverband FIFA, der genau wie das IOC in schöner Regelmäßigkeit mit der Vergabe von Großereignissen für weltweite Entrüstung sorgt, wie unlängst bei der ganz offensichtlich vom Geld bestimmten Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 (Russland) und 2022 (Katar).
Nicht umsonst hat das IOC genau wie die FIFA seinen Sitz in der Schweiz. Dort fallen Sportverbände unter das Vereinsrecht und werden nur minimal besteuert. Dabei machen IOC und FIFA einen Umsatz von jeweils fast einer Milliarde Euro pro Jahr. Genauso wichtig ist derweil, dass bei den Eidgenossen Sport-Korruption nicht strafrechtlich verfolgt wird.
Zauberwort Ethik-Kommission
„Das IOC will die totale Transparenz“, hatte Präsident Jacques Rogge dem Tageblatt vor einem Monat im Exklusiv-Interview gesagt. Für den obersten Olympier hat das IOC aus dem Bestechungsskandal bei der Vergabe der Winterspiele 2002 nach Salt Lake City die richtigen Lehren gezogen. Was sich ähnlich überzeugend wie bei FIFA-Präsident Blatter anhört, der nach den jüngsten Negativschlagzeilen rund um seine Wiederwahl Zugeständnisse wie weiland das IOC machte: die Schaffung einer scheinbar unabhängigen Ethik-Kommission, ein neuer Ethik-Code und die Erweiterung des Wahl-Panels von einem FIFA-Exekutivkomitee zu allen Mitgliederverbänden der FIFA. Am Grundprinzip der Wahl ändert sich allerdings nichts. Sie bleibt anonym, was der Korruption weiter Tür und Tor öffnet.
Wobei Bestechung nicht mehr unbedingt mit Umschlägen voller Geld bzw. teuren Geschenken gleichzusetzen ist. Im 21. Jahrhundert wird meist auf anderem Niveau „nachgeholfen“, in Form von versprochenen Förderprogrammen, Kooperationen oder aber Sponsoring.
Der Slogan der südkoreanischen Bewerbung, „Neue Horizonte“, spricht Bände. Pyeongchang verspricht nichts anderes als neue Märkte für den Wintersport. Und um diesem Versprechen Nachdruck zu verleihen, steigen die koreanischen Weltfirmen im Rennen um Olympia in den Ring. Praktisch, dass die Sportführer des Landes gleichzeitig Wirtschaftsbosse sind und mit ihren Firmen internationale Sportverbände, Nationale Olympische Komitees und sogar das IOC (Samsung) sponsern. Besonders transparent ist das aber eher nicht.
Dabei gibt es beim IOC sogar eine Evaluierungskommission. Seitdem die IOC-Mitglieder im Zuge der Korruptionsbekämpfung nicht mehr in die Bewerberstädte reisen dürfen, nimmt eine unabhängige Kommission die Bewerbungen genauestens unter die Lupe und bewertet sie für die stimmberechtigten IOC-Mitglieder. Allerdings hat der Evaluierungsbericht keinerlei Wert, denn niemand ist an ihn gebunden, und die Wahl ist schließlich geheim. Dass das russische Sotschi trotz der dokumentiert schlechtesten Bewerbung von den IOC-Mitgliedern den Zuschlag für die Ausrichtung der Winterspiele 2014 bekam, sollte demnach nicht verwundern.
Schlussendlich geht es in erster Linie
um Geld und wirtschaftliche Interessen, nicht um totale Transparenz. „Auf hoher See, vor Gericht und beim IOC ist alles möglich“, sagte IOC-Mitglied Gian-Franco Kaspar in der ARD. Das lässt das eigentlich chancenlose Annecy und vor allem Pyeongchangs Hauptkonkurrenten München hoffen. Wobei das Zitat nicht unbedingt im positiven Sinne gemeint war. Und so wäre alles andere als eine Entscheidung pro Pyeongchang eine faustdicke Überraschung.
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