/ So nicht, Herr Goebbels!
Herr Goebbels, Sie schreiben, „es gibt in Luxemburg Arme und Reiche“, aber es gibt auch noch die leider von der Politik total in Vergessenheit geratene sogenannte Mittelschicht*, keine andere Bevölkerungsgruppe wurde in den letzten zwei bis drei Jahren so geschröpft, man beachte nur die massive Erhöhung der Gemeindetaxen, Wasser, Strom, die Desindexierung des Kindergeldes etc. etc. … ein großer Teil der Inflation hier in Luxemburg ist hausgemacht.
Man will ja auch noch leben und sich etwas gönnen, was durch die enorm gestiegenen Lebenshaltungskosten fast nicht mehr möglich ist.
Vielleicht statten Sie unserer Parteikollegin Vera Spautz, die ich übrigens sehr schätze, mal einen Besuch im Escher Sozialbüro ab, wo immer mehr Menschen aus der sogenannten Mittelschicht um finanzielle Unterstützung bitten.
Bei vielen Haushalten gehen heutzutage zwei Drittel bis zur Hälfte des Einkommens für Miete oder Hausdarlehen drauf. Wie schon vor einigen Wochen in einem hervorragendem Leitartikel im Tageblatt zu lesen war, kann und darf es nicht sein, dass die Politik dabei zusieht – oder sogar noch das Ihre dazutut –, wie immer mehr (arbeitende) Menschen in die Schuldenfalle abrutschen.
Man kann die Mittelschicht mit einer Zitrone vergleichen, die immer mehr ausgepresst wird, bis der letzte Tropfen Saft raus ist, oder mit einer Wand, die durch einen Seilbagger, an dem eine Abrissbirne hängt, die zum Pendeln gebracht wird und die Wand trifft, überlastet wird und zerbricht, wobei die Regierung den Bagger steuert (komisch, das mit der Abrissbirne kommt mir irgendwie bekannt vor).
Herr Goebbels, Sie schreiben, „jeder Staatsbedienstete, jeder Lehrer, Professor oder Eisenbahner, jeder Angestellte oder Arbeiter aus dem Privatsektor verdient netto mehr als Kollegen in vergleichbarer Position in ganz Europa“, dazu muss ich Ihnen sagen, dass Sie als EU-Parlamentarier ja auch nicht gerade am Hungertuch nagen (Grundgehalt, saftiges Tagegeld, monatliche allgemeine Kostenvergütung, Erstattung von Reisekosten etc. etc. …), man spricht ja nicht umsonst vom „goldenen Exil in Straßburg“.
Allein schon das Tagegeld könnte man als schönes Mittelschichtgehalt hier in Luxembourg bezeichnen. Sollen wir denn alle Gehälter in Luxembourg nach unten anpassen, z.B. an das Gehälterniveau der Slowakei, oder Ungarn oder Litauen? Wenn das geschehen sollte, Herr Goebbels, nehme ich an, dass Sie solidarisch sind und Ihr Gehalt auch an das Ihres slowakischen oder litauischen oder bulgarischen EU-Parlamentskollegen anpassen, der ja im Grunde die gleiche Arbeit macht wie Sie, aber dessen Gehalt um ein Vielfaches unter dem Ihren liegt.
Da Sie ja so gerne Vergleiche anstellen, dann vergleichen Sie mal die Immobilienpreise hier in Luxemburg mit denen im nahen Ausland: Ist es nicht beschämend, dass sich unsere Kinder für 30, ja sogar 40 Jahre an eine Bank versklaven müssen, nur um ein Dach über dem Kopf zu haben?
Wo wir schon bei Vergleichen sind: Ist es normal, dass jemand, der den Führerschein machen will, fast schon gezwungen ist, einen Kredit aufzunehmen, wegen der massiven, durch nichts zu rechtfertigenden Preiserhöhung bei den Fahrstunden? In Luxemburg kostet eine Fahrstunde mittlerweile zwischen 60 und 75 Euro, in Deutschland zwischen 30 und 40 Euro, wobei der Spritpreis in Deutschland ja noch höher ist.
*Laut dem deutschen Institut für Wirtschaftsforschung ist eine starke Mittelschicht wichtig für die Erhaltung der gesellschaftlichen Stabilität.
Laurent Linck (Mitglied der LSAP und der FNCTTFEL)
- Zucchinipuffer und eine Rhabarbertorte – leckere Klassiker fürs Wochenende - 12. Juni 2022.
- Sechs gute Gründe für Urlaub im Freien - 12. Juni 2022.
- Monsieur Champagne sagt Adieu - 8. Mai 2022.