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„Tamiflu enthält den Wirkstoff Oseltamivir, ein Arzneimittel aus der Gruppe der sogenannten Neuraminidase-Hemmer. Diese Arzneimittel verhindern, dass sich das Influenzavirus im Körper ausbreitet.

Oseltamivir ist auch wirksam bei der Behandlung der sogenannten ‚Neuen‘ Grippe oder ‚Schweinegrippe‘, die durch Viren vom H1N1-Typ verursacht werden.“

Roger Infalt rinfalt@tageblatt.lu

So steht es im Beipackzettel des jetzt einmal mehr in die Schlagzeilen geratenen Medikaments Tamiflu zu lesen. Anfangs gingen die Verkäufe dieses Mittels nur sehr schleppend voran, doch dann sprach man – von Medikamentenherstellern gesteuert oder vielleicht auch nicht – plötzlich von drohenden Pandemien in puncto Schweinegrippe, Vogelgrippe usw., usf. Das Resultat ließ nicht lange auf sich warten, denn wenige Monate nach den „Hiobsbotschaften“ steigerte Roche 2006 die Verkäufe von Tamiflu gegenüber dem Vorjahr um ganze 68 Prozent. Tamiflu war über Nacht zu einem der umsatzstärksten Medikamente weltweit geworden.

Regierungen setzten sich ein, um in ihrem Land große Reserven dieses Medikaments lagern zu können. Tonnen und Tonnen von Tamiflu wurden an geheimen Orten gebunkert und den Bürgern wurde von den Politikern versichert, dass man alles dafür getan habe, damit sie sich im Fall einer drohenden Pandemie der neuen „Grippen“ in Sicherheit wiegen können.

Luxemburg zählte auch zu den Ländern, die gleich ihre Bestellung von Tamiflu aufgaben, auch wenn es etwas länger als andere Länder auf die Lieferung warten musste, da Roche mit der Produktion dieses „Wundermittels“ nicht nachkam.

Das Geschäft mit der Angst

Und nun dies: Eine Gruppe internationaler Wissenschaftler hat vor wenigen Tagen die Wirksamkeit des Roche-Mittels Tamiflu bezweifelt. Das Medikament wirke nur schwach, erklärten die Experten des Forschungsnetzwerks Cochrane Review. Nebenwirkungen wie Schnupfen, Kopfschmerzen und Brechreiz seien bislang zu wenig beachtet worden. Glaubt man diesen neuen Erkenntnissen, dann kann Tamiflu eine Grippe im Vergleich zu einem sogenannten Placebo-Mittel aber allenfalls um gut einen halben Tag verkürzen und Nebenerkrankungen wie Lungenentzündung und Ohreninfektionen nicht verhindern.

Na toll! Bis 2013 machte Roche einen Umsatz von sage und schreibe 13 Milliarden Euro mit allein diesem Mittel, über das man nun sagt, es sei nicht sehr viel effizienter als stinknormaler Traubenzucker. Verständlich also, dass der Basler Medikamentehersteller, der seit Langem über den Ausgang der Forschungsstudien im Bild sein soll, die Resultate nicht an die breite Öffentlichkeit weiterleitete. Man tötet doch nicht seinen eigenen Goldesel.

Nun diskutieren bereits Forscher und Politiker, ob Roche zu Entschädigungszahlungen herangezogen werden kann, doch der Pharmariese beruft sich auf die Untätigkeit von Gesundheitsbehörden und Ministerien weltweit. Es gilt das Motto: Wenn es so viele Länder bestellen und Gesundheitsbehörden empfehlen, muss Tamiflu doch wirken.

So einfach geht das also!

Gänzlich versagt haben die Kontrollmechanismen der Weltgesundheitsorganisation, der sogenannten Seuchenschutz- oder anderer in diesem Bereich tätigen und Unmengen von Geld schluckenden Behörden. Welche Entschuldigung die wohl in den nächsten Tagen parat haben werden? Und auf die Aussagen der politisch Verantwortlichen zu den in den Sand gesetzten Steuergeldern darf man ebenfalls gespannt sein. Auch hierzulande.