/ Signale
Auf die Information des staatlichen Informations- und Pressedienstes warten die Redaktionen donnerstags stets mit Spannung: Findet nach dem freitäglichen Ministerrat das „Briefing“, wie die Pressekonferenz nach der Ministerratsitzung genannt wird, statt oder nicht? Zu behaupten, der eigentlichen Regierungsarbeit gelte das größte Interesse der Redaktion, wäre die Unwahrheit. Denn wenn Jean-Claude Juncker am Freitagnachmittag ins Hôtel de Bourgogne ruft, dann weil er kommunizieren, eine Botschaft unters Volk bringen will. Auch wenn sie diplomatisch verschlüsselt rüberkommt. Was spätestens gestern erneut der Fall war, beim zweiten Briefing des Regierungschefs nach den Sommerferien.
Kandidiert er nun für den Posten des EU-Ratspräsidenten oder nicht? Die Frage hatte Juncker wohl erwartet, die Antwort hielt er parat. Zusammengefasst lautete sie: Weder ja noch nein. Oder doch eher ja? Weil er mit aller Kraft und Überzeugung einen nicht genannten, aber bekannten Mitbewerber vom Feld drängen möchte? Früher verdienten sich im Westen sogenannte Kremlnologen eine goldene Nase mit der Deutung zweideutiger Signale aus der damaligen roten Machtzentrale in Moskau. Wer entschlüsselt die Signale aus dem Hôtel de Bourgogne?