Rückkehr der Frommen

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Die Bonner Afghanistan-Konferenz war eines jener internationalen Happenings, die sich trotz aller grandiloquenten Abschlusserklärungen durch ihre weitgehende Nutzlosigkeit für die Menschen vor Ort hervorheben.

Afghanistan, so haben die hochwohlmögenden Konferenzteilnehmer zu beschließen geruht, wird bis 2024, also noch rund ein Dutzend Jahre lang, auf westliche Aufbauhilfe zählen können.
Doch, so muss man fragen: Was für ein Afghanistan? Man wird doch wohl davon ausgehen können, dass, nach einer allfälligen Rückkehr der Taliban an die Macht, es mit der Largesse der Spender ein rasches Ende haben wird.
Rückkehr der Taliban? Kein sehr angenehmer Gedanke, indeed. Doch wer soll ihn verhindern, sobald die westlichen Truppen einmal das Land verlassen haben?

Francis Wagner
fwagner@tageblatt.lu

Nach diesem Abzug droht nämlich jener Bürgerkrieg zwischen einzelnen Ethnien und deren Warlords wieder auszubrechen, in dessen Gefolge die radikalen Koranschüler 1996 ein erstes Mal an die Macht gekommen waren. Besonders absurd wirkt dieser Krieg angesichts der Tatsache, dass es zwei „Alliierte“ des Westens waren, nämlich Pakistan und Saudi-Arabien, welche diesen „Fous d’Allah“ einst als Steigbügelhalter gedient hatten.

Korrupt bis ins Mark

Die Taliban, das sind jene „Reinen“, die den Kindern verbieten, Drachen steigen zu lassen, und denen Musik jedwelcher Art ein sündiger Gräuel ist. Während ihrer Herrschaft wurden Schwule exekutiert, indem man kurzerhand mit Hilfe eines Bulldozers extra zu diesem Zwecke errichtete Mauern über ihnen einstürzen ließ. Und doch waren viele Afghanen erleichtert, als diese Paläofrommen endlich der Schreckensherrschaft der grenzenlos korrupten, aus den antisowjetischen Mudschaheddin hervorgegangenen Warlord-Banden Einhalt geboten: Etliche dieser Leute sind 2001 an der Spitze der westlichen Bajonette wieder an die Hebel der Macht gelangt, korrupt bis ins Mark sind sie eh wie je. Ein Land, das von einem Regime wie jenem des derzeitigen Präsidenten Karsai geführt wird, hat keine Zukunft.

Wer in ein solches Unternehmen noch groß Geld hineinpumpt, riskiert den Tatbestand der vorsätzlichen Verschwendung öffentlicher Gelder zu erfüllen. Die ganze Bonner Show soll letzten Endes den Westlern einerseits erlauben, bei ihrem Abzug Würde zu bewahren, andererseits soll es ihnen anschließend ermöglichen, das unvermeidliche Debakel ihren ehemaligen örtlichen Alliierten in die Schuhe zu schieben.

Die Amerikaner hatten in Vietnam einst Ähnliches probiert, nur dass die Sache mit dem würdevollen Abgang ihnen beim dramatischen Finale voll in die Hosen gegangen war: Das Saigoner Regime kollabierte noch bevor seine US-Strippenzieher sich mit Sack und Pack aus dem Staub hatten machen können.
Auch diesmal wird es nicht schön werden: Denn die mit viel NATO-Know-how und -Ressourcen aufgebaute Armee des Karsai-Regimes ist militärisch gegenüber den zwar widerwärtigen, aber todesmutigen Taliban keinen Pappenstiel wert.