/ Revolte und Repression
Zuerst herrschte eine gewisse Verwunderung, dass sogar Baschar al-Assads Regime wanken könnte, doch bald schien sich in der westlichen Öffentlichkeit die Meinung zu etablieren, dass die Revolte in Syrien der nächste Dominostein sei, der angestoßen wurde und zu fallen droht.
Michelle Cloos
mcloos@tageblatt.lu
Mittlerweile dauern die Unruhen bereits seit zwei Monaten an. Assad schickte Panzer in die rebellierenden Städte und Dörfer, um die Protestbewegung niederzuschmettern. Immer wieder werden Tote gemeldet. Letzte Woche sprachen Menschenrechtsbeobachter von 750 Opfern. Bereits die Revolte in Libyen hat gezeigt, dass ein Despot, der sich bereit zeigt, die nötige Gewalt anzuwenden, nicht so einfach zu verjagen ist. Auch die Repression in Syrien bringt die arabische Emanzipationsbewegung ins Stocken. Dass die Geschichtsschreibung in Syrien bedeutend anders verläuft, ist eigentlich logisch.
Auch wenn der Aufstand im Kontext der Pro-Demokratie-Dynamik der arabischen Revolutionen zu situieren ist und die Protestierenden die gleichen oder ähnliche Forderungen stellen (Ende des Notstands, mehr Freiheit, freie und faire Wahlen), unterscheidet sich das Land dann doch erheblich von den Beispielen Tunesien und Ägypten.
Iranische Strategie
Das brutale Vorgehen der Streitkräfte gegen das eigene Volk in Deraa oder in Homs hat bewiesen, dass die syrische Armee eindeutig hinter Assad steht und sich keineswegs wie die ägyptische oder die tunesische Armee als möglicher Beschützer der Bevölkerung sieht.
Die Massendemonstrationen auf dem Kairoer Tahrir-Platz konnten rund um die Uhr „live“ im Fernsehen verfolgt werden. In Syrien war es aber nicht die Hauptstadt Damaskus, die zum Epizentrum der Proteste wurde, denn die Oppositionsbewegung ist dezentralisiert. Vor allem aber gelangen nur wenige Informationen oder Bilder der politischen Geschehnisse an die Öffentlichkeit. Internationale Journalisten sind derzeit „personae non gratae“. Die Al-Dschasira-Journalistin Dorothy Parvaz gilt seit ihrer Ankunft in Syrien am 29. April als verschwunden. Sie wurde angeblich nach Teheran gebracht und wird derzeit dort festgehalten. Es wird folglich immer schwerer, über die Ereignisse zu berichten, weil die Informationen nur schwer überprüfbar sind. In verschiedenen Punkten grenzt sich die syrische Revolte demnach von den arabischen Revolutionen ab und weist Parallelen zur gescheiterten iranischen Revolution im Jahr 2009 (die durch die gefälschte „Wiederwahl“ des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad ausgelöst wurde) auf.
Auch dort wurde die freie Berichterstattung unterbunden und die Demonstranten wurden zusammengeschlagen und getötet. Die Strategie ist einfach, gnadenlos und effizient: Kritische Stimmen mit allen nötigen Mitteln verstummen lassen.
Die klassische Definition einer revolutionären Situation (die von Lenin stammt) besagt, dass diese dann entsteht, „wenn die oben nicht mehr können und die unten nicht mehr wollen“. Mittlerweile scheint klar, dass viele Syrer das bestehende System nicht mehr wollen, doch Machthaber Assad versucht weiterhin, die Oberhand zu behalten, und seine knallharten Repressions-Methoden könnten die Revolte noch scheitern lassen.
- Pokal-Finalspiele - 23. Mai 2016.
- Untere Divisionen - 22. Mai 2016.
- BGL Ligue / Ehrenpromotion - 22. Mai 2016.