Preis für die Wirtschaft

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Der „Nobelpreis“ für Wirtschaft ist kein Nobelpreis. / HELMUT WYRWICH

hwyrwich@tageblatt.lu

Wirtschaft hatte zum Zeitpunkt des Todes von Alfred Nobel noch nicht die Bedeutung, die ihr heute beigemessen wird. Und die schwedische Notenbank kam auch erst 1968 auf die Idee, den ersten Wirtschaftspreis 1969 zu stiften. Vergeben wird er gleichwohl am 10. Dezember, an dem jedes Jahr die Nobelpreise vergeben werden. Und es hat sich sprachlich auch längst eingebürgert, ihn als Nobelpreis zu betrachten.
Wirtschaft ist keine exakte Wissenschaft. So wenig wie etwa die Rechtswissenschaft, die Soziologie, die Philologie, die Politikwissenschaft oder noch andere Wissenschaften. Die Wirtschaftswissenschaft ist eine Beschreibung von Fakten, von Beobachtungen, die in Theorien gekleidet werden.
In Deutschland wird das Studium der Wirtschaftswissenschaften gerade überhöht, weil man versucht, es in mathematische Modelle zu fassen und ihm so das Ansehen einer exakten Wissenschaft zu geben. Das ist zweifelhaft. In den angelsächsischen Ländern bleibt man bei der Theorie über wirtschaftliche Phänomene und Entwicklungen.
In diesen Sinn passt auch die Vergabe der diesjährigen „Nobel“-Preise für Wirtschaft. Sie werden vergeben an Forscher, die sich jahrzehntelang mit Beobachtungen von Entwicklungen oder wirtschaftlichem Benehmen beschäftigt haben. Beide Preise gehen an Forscher, die im Grunde sehr amerikanisch sind. Ihre Untersuchungen aber passen im Prinzip in den Bereich des wirtschaftlichen Verhaltens von Gruppen, von Organisationen, von Institutionen, von Konzernen und von Konglomeraten.
Frau Ostrom hat sich mit ihren Untersuchungen gegen einen amerikanischen Mainstream durchgesetzt. Organisationen, so ihre Beobachtung, aus der sie eine Theorie entwickelte, die gemeinschaftlich einen Fluss bewirtschaften, beuten ihn nicht aus, sondern pflegen ihn. Es ist also nicht notwendig, den Fluss zu privatisieren. Das erinnert in gewisser Weise an einen Fischereiverein. Nicht anders ist es bei Oliver Williamson, der in über 300 Veröffentlichungen untersuchte, warum Konzerne effizient sind. Sie fassen Synergien zusammen, würden wir heute sagen. Diese Synergien entstehen aus gegenseitigen Abhängigkeiten von Organisationen, die dann effizient werden, wenn man sie unter einem Dach zusammenfasst. Dazu gehören auch die Transaktions- und Transferkosten innerhalb von Unternehmen, die heutzutage in globalen Firmen von sehr großer Bedeutung sind. Theorien von Nobelpreisträgern haben sich in der Realität selten bewahrheitet. Das dürfte den beiden Preisträgern des Jahres 2009 wohl kaum passieren. Ihre Theorien leiten sich aus der Beobachtung von US-Eigenheiten ab und haben nicht den Anspruch, die Welt oder das Wirtschaftsgeschehen zu verändern.