/ Politiker und Raffzähne

Die sozialen Probleme, welche diesen tragischen Ereignissen zugrunde liegen, bleiben ungelöst. Soziale Ungerechtigkeit lässt sich mit militärischen Mitteln nicht beseitigen, allerhöchstens einige jener Menschen, die unter ihr zu leiden haben.
Man muss keineswegs mit den Methoden der „Rothemden“ einverstanden sein, doch sie haben es immerhin fertiggebracht, die Welt auf die Probleme der einfachen Leute in Thailand aufmerksam zu machen.
Wenig nutzen tut es natürlich dem Anliegen der thailändischen Opposition, dass sie sich den halbseidenen, mittlerweile exilierten Geschäftsmann Thaksin Sinawatra zum Idol erkoren hat.
Wie ausweglos die Situation ist, lässt sich unschwer am Schweigen des Königs erkennen. Er, der von seinen Anhängern wie ein Heiliger verehrt wird und für gewöhnlich jede Kritik an seiner allerhöchsten Person als Majestätsbeleidigung verfolgen lässt, blieb auf Tauchstation, während in den Straßen Bangkoks geschossen und gestorben wurde.
Sehr „souverän“ ist das ja nicht gerade. Aber Könige werden nun mal in der Regel nicht dafür bezahlt, Partei für die Plebs zu ergreifen.
Ein ganzes Volk kaputtsparen
Man kann nur hoffen, dass sich die derzeitigen Proteste in Griechenland, bei denen es ja ebenfalls bereits die ersten Toten gegeben hat, nicht nach und nach auf „thailändische“ Art und Weise entwickeln.
Die griechischen Behörden sind sicherlich in ihrem Recht, wenn sie versuchen, anarchistischen Kaputtmachern das Handwerk zu legen. Diese Leute haben schon mehr als einmal legitime soziale Protestbewegungen gehijackt, ohne sich einen feuchten Dreck darum zu scheren, dass sie mit ihren Aktionen den von ihnen angeblich verteidigten Anliegen einen Bärendienst erweisen.
Ereignisse wie in Thailand und in Griechenland zeigen aber auch, dass sozialer Frieden, der auf einer gerecht funktionierenden Gesellschaft beruht, kein Luxus ist. Auch und schon gar nicht für die Wirtschaft. Griechenland muss sparen, kein Zweifel, doch niemand hat das Recht, ein ganzes Volk kaputtzusparen. Selbst wenn die griechische Politik in der Vergangenheit reichlich Schmu getrieben hat, steht nun ganz Europa in der Pflicht, den Hellenen nach Kräften zu helfen, dass ihre Gesellschaft nicht von einem Strudel aus Hass und Gewalt verschlungen wird.
Auf Dauer ist es wie gesagt nur eine gerecht funktionierende Gesellschaft, die den sozialen Frieden garantieren kann. Und gerecht funktionieren kann nun einmal keine Gesellschaft, die unter dem Diktat der unregulierten „Märkte“ steht, oder anders ausgedrückt, bei denen die ungezügelte Raffgier einiger weniger als oberste Richtschnur wirtschaftlichen Handelns dient.
Wobei zu allem Überdruss versucht wird, den Leidtragenden eines solchen Systems einzureden, dass die von den Neoliberalen mit eiskalter Konsequenz vorangetriebene Zerstörung der gesellschaftlichen Solidarität letztlich, und mit naturgesetzlicher Notwendigkeit, zu ihrem Guten geschehe.
Eines braucht wohl nicht mehr bewiesen zu werden: Wo die Politik nicht den Spekulanten heimleuchtet, treiben die Raffzähne die Politiker zu Paaren.
Keine Demokratie kann das auf Dauer überleben.
Francis Wagner
fwagner@tageblatt.lu
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