Trotz Digitalisierung, die gerne als das das gute alte Buch verschlingende Monster verteufelt wird, werden bis Sonntag wieder 300.000 Besucher erwartet, um sich hautnah zu begegnen. Auch wenn sie sicherlich nicht viel zum Lesen kommen werden, so möchten sie doch sehen und gesehen werden, sich unterhalten, Kontakte knüpfen und Verträge schließen. Nicht per Mausklick in sozialen Netzwerken, sondern mit Blickkontakt und Händeschütteln, beim Schnittchenessen und einem Glas Wein.
" class="infobox_img" />Janina Strötgen [email protected]
Und natürlich werden sie vor allem über eines reden: die Digitalisierung. Stürzt die digitale Vernetzung den Buchhandel in eine Identitätskrise? Verabschiedet sich die gedruckte Hochkultur? Sollte man nicht schnellstmöglich einen Antrag bei der Unesco stellen, um literarische Buchhandlungen auf die Liste des Weltkulturerbes zu setzen? Bevor sie ganz aussterben?
Den Nostalgikern stehen die begeisterten Technologie-Fans gegenüber, die die Preise und vor allem auch die Qualität der neuen Datenträger wie Kindle und Co. vergleichen. 2.000 digitale Bücher auf einem Sieben-Zoll-Farbdisplay, und das Ganze für knapp 60 Euro?
Natürlich stellt die Digitalisierung den Buchmarkt vor eine harte Probe. Und je konsumentenfreundlicher Preise und Qualität der digitalen Datenträger werden, desto bedrohter wird das gedruckte Buch. Umfragewerten zufolge wird bis zum Jahr 2025 der Umsatz mit gedruckten Büchern um über 30 Prozent sinken.
Doch das heißt noch lange nicht, dass mit dem traditionellen Buchmarkt auch die Literatur in eine Krise stürzt. Denn Literatur ist Literatur und Wissen ist Wissen, egal ob traditionell auf Papier oder im Netz.
Der Konsument entscheidet
Neue Technologien haben auf viele Menschen immer erst einmal eine bedrohende Wirkung. Veränderungen sind oft schwer zu ertragen, gerne malt man sich Horrorszenarien aus, dass unsere Kinder kein Buch mehr in die Hand nehmen, sondern unaufhörlich auf ihren kleinen Geräten herumtippen.
Doch zeigt die parallele Entwicklung der Literatur einerseits und der Technologien andererseits bereits heute, dass das eine das andere nicht ausschließt, sondern sogar bereichert. Denn dank der rasanten technologischen Entwicklungen wird insgesamt mehr gelesen. Und was spricht dagegen, wenn das gute alte Kochbuch so langsam, aber sicher von den herunterzuladenden Rezepten im Netz abgelöst wird? Was spricht dagegen, wenn das menschliche Wissen sich dank digitaler Enzyklopädien und Nachschlagewerke innerhalb kürzester Zeit abrufen, nachlesen und weiterverwenden lässt? Und was spricht dagegen, wenn die Märchenfiguren auf dem iPad dreidimensional und sprechend in die Welt der Feen, Zauberer und Kobolde entführen? Nichts. Ganz im Gegenteil.
Und das Wichtigste: Es wird immer der Konsument selbst sein, der entscheidet. Er bestimmt, ob allein der Inhalt – unabhängig vom Umblättern von Papier – fasziniert oder ob das gedruckte Buch für ihn ein sinnlich-haptisches Erlebnis, ein Kulturgut ist. Und ob er für seine Nostalgieobjekte, wie es heute die Schallplatte und der analoge Fotoapparat bereits sind und sicher auch das gedruckte Buch irgendwann einmal sein wird, einen Aufpreis zahlen möchte.
Das Literaturnobelpreis-Komitee hat in diesem Jahr mit Tomas Tranströmer einen Lyriker ausgezeichnet. Sein in über 50 Jahren entstandenes Gesamtwerk passt in ein Buch von nicht einmal 500 Seiten. Lyrik ist die Konzentration auf einzelne Worte und beißt sich mit der Informationsflut unserer Zeit. Dass der Literaturnobelpreisträger im Jahr 2011 ein Lyriker ist, ist ein Zeichen. Ein Zeichen dafür, dass der Begriff von Luxus und Lebensqualität sich wandelt. Gehen Sie nicht auch manchmal gerne spazieren, obwohl Ihr Auto immer schneller und bequemer wird? Vielleicht sogar, um sich auf eine Parkbank zu setzen und zu lesen? Oder ist das Luxus, den Sie sich nicht leisten können?
De Maart
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