Nicht vergessen

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Wenn Reform nicht gleich Verbesserung bedeutet

Unsere Gesellschaft vergreist. Die Zahl der älteren Menschen nimmt langsam, aber stetig zu. Gleichzeitig steigt die Lebenserwartung kontinuierlich an und mit ihr die Zahl pflegebedürftiger Senioren.

Die Pflegeversicherung, Ende der 1990er-Jahre eingeführt, zählt zu den großen Sozialreformen in der Geschichte des Landes, neben der allgemeinen Kranken- und Rentenversicherung. Endlich wurde allen Personen, die aus Alters- oder Krankheitsgründen nicht mehr in der Lage sind, die grundlegenden Tätigkeiten der Lebensführung aus eigener Kraft zu bewältigen, die Garantie gegeben, dass ihnen geholfen wird.

Luxemburgs Pflegeversicherung ist eine Success Story, nicht nur wegen der großen Zahl an Personen, die in den Genuss ihrer Leistungen kommen, mehr als 13.500 zurzeit. Auch qualitativ ist sie auf der Höhe der Erwartungen, auch wenn
es einzelne Fälle mangelhafter Sorgfalt geben kann.

Nun soll die Versicherung reformiert werden. Wer in der Vergangenheit von Reformen sprach, verband dies stets mit Verbesserungen. Ob das bei den geplanten Änderungen in der Pflegeversicherung der Fall sein wird? Die Arbeitnehmerkammer CSL ist nicht davon überzeugt. Verbesserungen der Leistungen gebe es keine, so ihr Gutachten. Die geplante Reform komme zu einem Zeitpunkt, in dem es keine finanziellen Probleme gebe, zitierte das Tageblatt gestern die CSL-Sprecher. Sie zeige vor allem eine kostenorientierte Sicht der Dinge auf.

Reformen, bloß um Geld zu sparen

In anderen Worten, es soll reformiert werden, bloß um Geld zu sparen. Gerade diese Vermutung haben auch die Träger der Pflegedienste. So bemängelt etwa deren Dachverband Copas, dass Spezialleistungen mit präventivem Charakter gestrichen werden sollen, obwohl sich dadurch die Pflegebedürftigkeit der Zielpersonen schneller vergrößern kann.

In den Alters- und Pflegeheimen selbst sorgt die nun erst Anfang 2018 in Kraft tretende Reform bereits heute für Unruhe. Gerüchte machen die Runde, einzelne Leistungen würden in Bälde abgeschafft. Es müsse halt gespart werden. So würden etwa die Pkws abgeschafft, mit denen Heimbewohner zum Arzt oder zum wöchentlichen Einkauf in den Supermarkt gefahren werden. Wer das in Zukunft noch wolle, müsse auf das private Angebot mit den entsprechenden Preisen zurückgreifen. Wer sich einmal die Tarife für diese Sonderfahrten bei Taxi-Unternehmen angeschaut hat, weiß, was da auf die Seniorin und den Senior in Zukunft zukommen wird.

Derzeit bemüht sich das Ministerium für Nachhaltige Entwicklung um eine breite Diskussion darüber, wie das Land in Zukunft wachsen soll. Quantitatives Wachstum ist out, qualitatives Wachstum ist angesagt. In anderen Worten, wir haben, allgemein betrachtet, ausreichend materiellen Wohlstand angehäuft, damit wir es uns leisten können, in Zukunft selektiver vorzugehen, uns die Rosinen aus dem globalen Wirtschaftskuchen rauszupicken.

Doch die Grundlage für diesen Zustand schufen auch jene Tausende pflegebedürftigen Menschen, die ihren Lebensabend heute in Alters- und Pflegeheimen oder zu Hause verbringen. Sie sollten wir nicht vergessen.