Nach vier Jahren Konflikt und Zank haben sich die beiden Rivalen, die Fatah und die Hamas, endlich auf ein Abkommen geeignet, das die nationale Einheit wiederherstellen soll.
" class="infobox_img" />Michelle Cloos
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Die Versöhnung erlaubt es den Palästinensern, wieder neue Hoffnung zu schöpfen. Vor ein paar Monaten hätten wohl nur die wenigsten mit einer baldigen Einigung der „verfeindeten Brüder“ gerechnet. Die Situation der Palästinenser schien relativ aussichtslos. Die sogenannten Friedensverhandlungen mit Israel waren mehr als nur ins Stocken geraten. Sie waren ganz einfach inexistent, eine reine Farce.
Das Zerwürfnis zwischen Hamas und Fatah hatte die palästinensische Seite erheblich geschwächt. Und die aus der Rechten und der Ultrarechten bestehende Regierungskoalition in Israel weigerte sich, auch nur den geringsten Kompromiss mit der Gegenseite einzugehen.
Durch die Einigung in Kairo könnte sich das Blatt jetzt wenden. Natürlich haben sich bereits zahlreiche Stimmen erhoben, um den prekären Charakter der Allianz zwischen Hamas und Fatah zu unterstreichen und sie zum Scheitern zu verurteilen.
Die Versöhnung ist derzeit allerdings im Interesse aller palästinensischen Gruppen. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas kann jetzt endlich wieder die ganze Bevölkerung repräsentieren und die Hamas war im Gazastreifen, der weiterhin unter der israelischen Blockade leidet, völlig isoliert. Auch rückten die internen Dissonanzen die Perspektive eines eigenen Staates in weite Ferne.
Nun ist die trübsinnige Stimmung jedoch gebrochen und die Palästinenser können versuchen, ihr Schicksal selbst zu bestimmen. Mehrere palästinensische Politiker hatten bereits vor ein paar Monaten das einseitige Ausrufen eines Staates in Aussicht gestellt. Die Autonomiebehörde könnte im September dieses Jahres den UN-Sicherheitsrat ersuchen, die Unabhängigkeit Palästinas in den Grenzen von 1967 anzuerkennen. Um dieses Projekt überhaupt in die Realität umsetzen zu können, scheint die wiedergewonnene nationale Einheit geradezu unverzichtbar. Sie alleine wird allerdings nicht ausreichen.
Die Frage ist auch, wie die internationale Gemeinschaft reagieren wird. Es ist eine gute Gelegenheit für die Europäische Union, endlich Courage und Durchsetzungsvermögen zu zeigen und Palästina als souveränen Staat anzuerkennen. Mehrere lateinamerikanische Staaten sind ja bereits mit gutem Beispiel vorangegangen. Der große Verlierer der Versöhnung ist zweifellos Israel. In den letzten Jahren war die Regierung in Tel Aviv der Akteur, der die Entwicklungen im Nahost-Konflikt weitgehend bestimmte. Mit seinen Kriegen, der Besatzung der palästinensischen Gebiete und seiner illegalen Kolonisierung stellte Israel die Palästinenser und die internationale Gemeinschaft systematisch immer wieder vor neue De-facto-Situationen.
Vom Akteur zum Beobachter
Jetzt wird Israel zum Beobachter, der reagiert (Netanjahu hat natürlich unverzüglich gegen das Versöhnungsabkommen gewettert). Doch nicht nur in Palästina entstehen neue Realitäten, sondern auch in weiten Teilen der arabischen Welt, wo die Bevölkerungen gegen die despotischen Regime rebellieren und Demokratie und Freiheit fordern. Der Fall arabischer Diktatoren wird ebenfalls beachtliche Folgen für Israel haben. Das Nachbarland Ägypten hat nach dem Sturz Mubaraks angekündigt, die Grenze zu Gaza wieder dauerhaft öffnen zu wollen, und auch das für Israel überaus wichtige Gas-Abkommen mit Kairo könnte überarbeitet werden.
Nur diese Art von politischem Druck kann die Regierung Netanjahu überhaupt zu wahrhaftigem Zugeständnis zwingen.
De Maart
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