Ne Nako- es ist Zeit

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Zwei Monate nach der Fußball-Weltmeisterschaft ist der Alltag wieder eingekehrt. Im Fußball, wo die nationalen Meisterschaften wieder im Vordergrund stehen. Und in Südafrika, das wieder mit den gleichen Problemen zu kämpfen hat wie vor der WM: Armut, Bildung, Gesundheit und Arbeitslosigkeit.

Internationale Sportökonomen sprachen im Vorfeld der WM von einer „notorischen Überschätzung“ des ökonomischen Nutzens der Großveranstaltung Weltmeisterschaft, die „keine Dollars vom Himmel regnen lassen“ wird. Schon gar nicht für die südafrikanische Bevölkerung. Zwar konnten die Straßenhändler während der WM ihre Einnahmen vervielfachen, doch war’s das dann auch schon. Denn Merchandising rund um die WM ist Sache des Fußball-Weltverbands FIFA und der lässt bekanntlich beim Thema Geld nicht mit sich spaßen.
Selbst putzige afrikanische Holzfiguren in Fußballtrikots wurden in Asien produziert, was nicht zu Unrecht für ziemliche Empörung bei der südafrikanischen Bevölkerung sorgte.

Während also die FIFA allein geschätzte 3,2 Milliarden Dollar durch den Verkauf von TV-Rechten und durch Sponsoring einnahm, steckte Südafrika ungefähr die gleiche Summe allein in den Ausbau von Stadien und Verkehrsinfrastruktur. PricewaterhouseCoopers schätzt die Gesamtinvestition in den Ausbau der Infrastrukturen im Vorfeld der WM auf 15 Milliarden Euro.
Die südafrikanische Wirtschaft profitierte derweil unabhängigen Schätzungen zufolge mit Einnahmen von rund 9,5 Milliarden Euro. Selbst wenn all diese Zahlen mit Vorsicht zu genießen sind, so verdeutlichen sie doch die riesige Dimension des Großereignisses Fußball-Weltmeisterschaft.

Und sie werfen die Frage auf, ob ein Schwellenland wie Südafrika keine bessere Verwendung für all das investierte Geld gehabt hätte, zumal der Großteil der Stadien nun aus Mangel an einer geeigneten Verwendung brachliegen und immense Folgekosten verursachen.
Die Milliarden hätten nicht alle Probleme Südafrikas gelöst, aber sie hätten geholfen, die dringendsten Probleme anzusprechen und einen Unterschied im Alltag der gewöhnlichen Leute zu machen, schreibt Kim Hawkey, Reporterin der südafrikanischen Wochenzeitung Sunday Times.

Doch so einfach ist die Rechnung nicht, das weiß auch Hawkey. Denn der eigentliche Nutzen der Großveranstaltung für das Land am Kap lässt sich nicht in Euro, Dollar oder Rand beziffern. Denn schlussendlich hat der reibungslose Ablauf des Turniers weitreichende Folgen: Zum einen wurde die Wahrnehmung Südafrikas in der Welt verändert.
Das Land hat durch die Weltmeisterschaft eine gewaltige Imageverbesserung im Ausland bewirkt. Die Tourismusbranche wird nachhaltig ebenso von der WM profitieren wie der südafrikanische Außenhandel. Beispiel: 2010 wurden in den USA, die den Großteil der WM-Touristen stellten, 23 Prozent mehr südafrikanische Flaschenweine verkauft als im vergleichbaren Zeitraum im Vorjahr.

Selbstbild

Zum anderen hat sich das Selbstbild der Südafrikaner verändert. „Das größte Geschenk, das die WM Südafrika und seinen Menschen gab, sind Einigkeit und Stolz.Was das Turnier als bleibendes Vermächtnis hinterlassen hat, ist, dass mit der richtigen Motivation vieles möglich ist. Es kommt nur auf die Bürger und Politiker an, dieses Gefühl fortleben zu lassen“, schreibt Kim Hawkey.

Wobei die Weltmeisterschaft die Latte auch recht hoch gelegt hat. Denn nun wissen die Südafrikaner, zu was die Politiker in ihrem Lande alles fähig sind, wenn der Einsatz stimmt. So ist in der Bevölkerung nicht nur der Stolz, sondern gleichermaßen auch die Erwartungshaltung gestiegen. Nicht ausgeschlossen, dass Südafrika auf diese Weise Opfer des eigenen Erfolgs wird.

Philip Michel
pmichel@tageblatt.lu