/ Mythos E-Mobilität
Ein ambitiöses Ziel, das sich die Regierung mit dem Mobilitätskonzept gesteckt hat, zu dessen Präsentation am Donnerstag gleich zwei Minister, Marco Schank und Etienne Schneider, geladen hatten. Rund anderthalb Stunden dauerte die Präsentation. 90 Minuten, in denen das Auto, bislang Inbegriff des verdammenswerten Individualverkehrs, in einem völlig neuen Licht präsentiert wurde.
Léon Marx nom@tageblatt.lu (Bild: Tageblatt)
Und das ist erst der Anfang. In den kommenden Wochen will die Regierung nochmals nachlegen. Das vor zwei Wochen vom Premierminister bereits kurz angekündigte Projekt, zusammen mit dem „Département de la Moselle“, sieht „ Tausende“ Elektroautos vor, die nach dem Prinzip des „Carsharing“ zum Einsatz kommen sollen.
Der Hype scheint definitiv auch Luxemburg erreicht zu haben. Elektromobilität bewegt Massen, zwar vorerst noch nicht auf den Straßen – gerade mal 49 Elektroautos sind derzeit angemeldet –, dafür aber umso engagierter im Web. Die Kommentare auf tageblatt.lu zeigen, dass die Begeisterung der Politiker längst nicht von allen geteilt wird. Und das mit gutem Grund.
Elektroautos können sicherlich zu einer Verbesserung der Luftqualität in den Städten beitragen, ihre Auswirkung auf die CO2-Gesamtbilanz ist aber längst nicht so positiv, wie das derzeit gerne dargestellt wird. Jedenfalls so lange nicht, wie ein Großteil des Stroms auf der Basis von fossilen Brennstoffen wie Öl, Gas und Kohle produziert wird.
EU-verordnete Zweckentfremdung
Den etablierten Automobilkonzernen können diese Folgen für die Umwelt egal sein. Ihr Blick ist auf die sektorielle Verkehrsbilanz gerichtet. Die Millionen an Subventionen, die Europas Regierungen in den nächsten Jahren zur Förderung der Elektromobilität aufbringen, erlauben es ihnen, im Bereich der Benzin- und Diesel-Antriebe auf der alten Schiene weiterzumachen.
Auch die luxemburgischen Elektro-Millionen werden dank einer EU-Richtlinie am Ende in den Kassen der Automobilkonzerne landen. Diese Direktive erlaubt ab 2015 für Neuwagen nur noch einen Grenzwert von 130 Gramm CO2 je Pkw. Wird dieses Ziel nicht erreicht, drohen Milliardenstrafen. Doch der CO2-Ausstoß wird nicht auf die einzelnen Modelle, sondern auf die Fahrzeugflotte berechnet.
Flottendurchschnitt – diese Zauberformel erlaubt es den Autokonstrukteuren, mit dem Segen der EU, schmutzige Autos sauberzuwaschen. Und es kommt noch besser. Großzügig, wie sie ist, hat die EU der Autolobby sogar zugestanden, Elektroautos zum Anderthalbfachen in die Klimabilanz ihrer Flotte einzurechnen.
Aber nicht nur die Autobauer profitieren von dem Subventionssegen für Elektroautos. Auch die Stromkonzerne dürfen sich freuen. Je mehr Elektroautos, umso sinnvoller werden die in ihren Schubladen liegenden Konzepte über intelligente Stromnetze (smart grids).
Elektromobilität hilft so nicht nur den Stromhändlern, sondern auch den Netzbetreibern. Das intelligente Zusammenspiel von vielen kleinen Stromproduzenten und Konsumenten – wobei die Elektroautos mit ihren Akkumulatoren beide Rollen übernehmen sollen – erlaubt den Aufbau leichterer Netzstrukturen bzw. erspart den teuren Ausbau der Netzstruktur, der durch den Ausstieg aus der Atomenergie z.B. in Deutschland auf RWE, E.ON und Vattenfall zukommen würde.
Die Förderer der Elektromobilität in Europa verfolgen viele Ziele. Ob der in die Vitrine gestellte Umweltschutz tatsächlich die erste Priorität ist, darf derzeit zumindest bezweifelt werden.
- Zucchinipuffer und eine Rhabarbertorte – leckere Klassiker fürs Wochenende - 12. Juni 2022.
- Sechs gute Gründe für Urlaub im Freien - 12. Juni 2022.
- Monsieur Champagne sagt Adieu - 8. Mai 2022.