/ Moderne Mythen
„Die Wende in der Krise ist erreicht“, jubilierte Herman van Rompuy, nachdem eine Mehrheit der Privatinvestoren am Freitag dem Schuldenschnitt zugestimmt hatte. Den Vogel schoss natürlich der wahlkämpfende „président-candidat“ aus Frankreich ab, als er am Freitag erklärte: „Das Problem der griechischen Krise ist geregelt.“ Die französische Tageszeitung Le Monde titelte daraufhin in ihrer Wochenendausgabe ziemlich zynisch, aber dafür umso richtiger als Sarkozy: „Griechenland gelingt endlich sein Bankrott.“
Sascha Bremer sbremer@tageblatt.lu (Bild: Tageblatt)
Tatsächlich hätten diese Politiker auch einfach sagen können: „Operation gelungen, Patient tot.“ Es wäre nicht weniger deplatziert gewesen als ihre eigenen Aussagen, aber dafür umso ehrlicher. Denn das Bonmot hätte zumindest das wiedergegeben, was den Menschen in Griechenland in den letzten Monaten widerfahren ist und auch weiter widerfahren wird.
Die Banken mögen den Tiefstand in der Krise erreicht, ja sogar akzeptiert und verkraftet haben. Die Menschen allerdings nicht. Kein Wunder, wenn man sich die Zahlen der Arbeitslosigkeit (die noch weiter steigen werden), des Mindestlohns und der Arbeitslosenhilfe ansieht.
Das Beispiel Griechenland zeigt jedenfalls ganz klar, was es in Zukunft für die Menschen eines Landes bedeuten wird, wenn es nicht mehr auf die Abwertung seiner Währung setzen kann und ihm nur noch den Weg einer internen Abwertung bleibt, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln: Arbeitslosigkeit und riesige Einkommenseinbußen. Dabei ist bei weitem noch nicht ausgeschlossen, dass Griechenland nicht doch in naher Zukunft aus dem Euro austreten wird. Dies trotz (noch virtuellen) 130 Milliarden Euro „Hilfe“, die eh zu einem Großteil für den weiteren Schuldenabbau genutzt werden.
Natürlich ist weder die Entwertung einer Währung noch eine sogenannte interne Abwertung (drastische Kürzungen des Staatsbudgets, samt drastischen Erhöhungen der Steuern, vor allem der Mehrwertsteuer) mit erfreulichen Konsequenzen für die Menschen behaftet. Allerdings ist letztere, die in Griechenland angewandte Variante, mit zu starken, direkten Konsequenzen für die Bevölkerung verbunden. Sie erzeugt viel eher Instabilität als Stabilität. Keine gute Voraussetzung, um darauf eine Zukunft aufzubauen.
Wie könnte die Lösung für die griechischen Probleme – zur Erinnerung: Es gilt noch immer, neben einem funktionierenden Staat auch eine funktionierende Wirtschaft aufzubauen – demnach aussehen? Auch wenn bei dem staatlich-politischen Schlamassel die Zeiten in sehr naher Zukunft eher auf Sturm stehen, gibt es bei der wirtschaftlichen Entwicklung zumindest potenziell so etwas wie eine langfristige Perspektive.
Stichwort Energie
Seit geraumer Zeit geistert in dem Mittelmeerland das Szenario eines Griechenland als Ökostromerzeuger herum. In der Tat könnte das Land, das durchschnittlich 3.000 Sonnenstunden pro Jahr hat – der Durchschnitt in Luxemburg liegt gerade einmal bei der Hälfte –, irgendwann mal zu einem wichtigen Energielieferanten für Europa werden.
Doch auch dieses Projekt will – den politischen Willen in Europa einmal vorausgesetzt – erst noch angestoßen werden, sprich geplant, finanziert und gebaut werden. Es handelt sich hierbei also um Zukunftsmusik.
Es werden demnach, entgegen Sarkozys leichtfertiger Behauptung, noch einige Jahre vergehen, um die „griechische Krise“ zu regeln. Vorausgesetzt, den wirtschaftlichen und politischen Abschwungspiralen wird Einhalt geboten und dem Land gehen vorher nicht die Menschen flüchtig. Aber die Menschen können ja auf die Solidarität von Europas Spitzenpolitikern setzen, oder?
Leider sieht es bei all dem aber momentan nicht danach aus, bei weitem nicht. Keine Spur …
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