Ménage à trois

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Der Posten des französischen Vertreters des „Institut Pierre Werner“ wird eingespart. Zudem kürzt Frankreich sein Budget für das trinationale Kulturinstitut um 10.000 Euro. Diese beiden Nachrichten geben Anlass, über das IPW als vermeintlich europäisches Kulturinstitut nachzudenken.

Doch die ersten Reaktionen auf die Maßnahmen haben erneut gezeigt, dass es um das Nachdenken und Überdenken von Rollen und Aufgaben in Europa nicht gerade gut bestellt ist. Und dass die Vorgänge in und um das IPW lediglich Symptome eines tief liegenden gesellschaftspolitischen Problems sind.

Janina Strötgen jstroetgen@tageblatt.lu

Das IPW, das Sinnbild für das Miteinander und gegen das Nebeneinander der Mehrsprachigkeit und kulturellen Vielfalt in Luxemburg, ist innerlich gespalten. Die offiziell gleichberechtigten Partner führen einen Kampf um Macht, Selbstbehauptung und Deutungshoheit. Nationale Interessen verdrängen das Allgemeinwohl. Das hat ganz Europa in den letzten Jahren mehr als eindrucksvoll bewiesen. Und warum sollte dann das IPW – gerade als winzig kleiner Mikrokosmos Europas – von dieser Haltung verschont bleiben? Ganz im Gegenteil: An den Aktionen und Reaktionen lässt sich das geschwächte Europa exemplarisch analysieren.

Das IPW steht seit seiner Gründung im Jahre 2003, zum 40. Jahrestag des Élysée-Vertrags, auf wackeligen Beinen, da das Vertrauensverhältnis zwischen den Partnern von Anfang an belastet und die Parität zwar in den Statuten festgeschrieben, nicht immer aber in der praktischen Umsetzung gewährleistet war. Deutschland sparte sich seine Thomas-Mann-Bibliothek und ließ das Goethe-Institut im IPW aufgehen. Frankreich hingegen behielt sein „Institut culturel français“. Bis heute. Daraus lässt sich auch die „Dominanz“ Deutschlands im Institut erklären. Und Luxemburg, das wegen des Standortes die Direktion für sich beansprucht, ist es – vor allem wegen interner Streitereien – bis heute nicht hinreichend gelungen, mediativ zu wirken und dem IPW eine Identität zu geben.

Eine Frage der Prioritäten

An den Vorgängen in und um das IPW lässt sich ablesen, wie vielschichtig und komplex der Entstehungsprozess und die konstituierenden Elemente einer kollektiven kulturellen Identität sind. Und wie schnell an die Stelle eines offenen Identitätsverständnisses jenes der Abgrenzung und Ausschließung rückt. Der Alleingang Frankreichs bei der Verordnung personeller und finanzieller Einsparungen bestätigt nur die ohnehin recht stark ausgeprägte Meinung, dass Frankreich für sich eine Stellung der Sonderbehandlungen beansprucht. Und dass es sich im Grunde niemand anderem verpflichtet fühlt als sich selbst. Diplomatisches Fingerspitzengefühl hat Frankreich im Hinblick auf das IPW bis jetzt zwar nicht bewiesen, zumal die offizielle Seite – weder die Direktorin des „Institut français“, die die Aufgaben im IPW übernehmen soll, noch der Noch-Repräsentant Frankreichs im IPW, noch der Botschafter – bis jetzt nicht dazu bereit war, sich zu äußern. Dennoch: Es ist unangemessen, an Frankreichs Verhalten im Hinblick auf das IPW einen generellen Rückzug seiner Vertretungen im Großherzogtum zu befürchten. Im Bereich der Bildung etwa investiert Frankreich stärker denn je: Das Lycée Vauban wird vergrößert und ab nächstem Schuljahr bietet das Lycée in Echternach die „Classes préparatoires“ an, Vorbereitungskurse für Aufnahmeexamen der Grandes Ecoles in Frankreich.

Mit den Einsparungen signalisiert Frankreich lediglich ein gewisses und auch nicht neues Desinteresse am IPW, nicht aber an Luxemburg an sich. Das IPW ist als Symbol Europas vor allem für Luxemburg ein Prestigeobjekt, ein ideologischer Anker im kulturellen Kampf um Europa. Für Frankreich war es das in diesem Maße nie.

Ende des Jahres stehen die Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag Pierre Werners an. Wenn sie nicht zur Farce verkommen sollen, ist eine Auseinandersetzung um die Neuorientierung des IPW dringend nötig. Wie wäre es mit der Integration des portugiesischen, italienischen oder rumänischen Kulturinstituts? Oder des türkischen? Und wie wäre es eigentlich mit einem neuen Namen?