Man hat uns getäuscht

Man hat uns getäuscht
(Tageblatt-Archiv)

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Im Herbst 2009 trat Frieden mit seinem Budget für 2010 vor die Presse. Man sah ihm an, dass er mit schlechten Nachrichten auftrumpfen würde: Fast freudig schaute er drein.

Auf ein Haushaltsloch von 4,4% des BIP müsse Luxemburg sich einstellen, verkündete er. Seine Experten hätten das errechnet. Nie wieder könne sich der Finanzplatz zur alten Größe und Kraft aufschwingen. Luxemburg habe sich eine Rosskur zu verordnen, um in den Rahmen des Euro-Stabilitätspaktes zurückzufinden, der maximal 3% toleriere.
Seit ein paar Tagen ist bekannt, wie irrig Friedens Zahlenwerk war – schon wieder einmal. Die Steuereinnahmen des Staates (und sie sind noch nicht einmal endgültig abgerechnet!) übertreffen dieses Ministers Vorgaben um 990,8 Millionen Euro, was, in Franken ausgedrückt, nicht weniger als 39.968,77 (neununddreißigtausendneunhundertachtundsechzig) Millionen ausmacht.
Das ist mit Sicherheit ein Rekord, den sobald kein anderer politischer Täuscher überbieten wird. Völlig zu Recht stellte das Tageblatt die Frage, ob der mega-falsche, aber zum Gesetz erhobene Haushaltsplan des CSV-Kronprinzen Ausdruck dessen finanzieller Inkompetenz oder dessen schlechter Absicht war.
Wir dürfen an dieser Stelle der Zeitung, die für freies Denken steht, ungeniert unterstellen, Junckers Ziehsohn hätte das 4,4%-Defizit „seiner“ Verwaltungen glatt übernommen, weil er, als Jurist, keinerlei Kompetenz in Finanzdingen hat. Sein Lebenslauf fügte es so, dass er nie in der Lage war, ein Unternehmen zu führen und nie erfuhr, wie weit in der realen Wirtschaft Prognosen und Wirklichkeit auseinanderklaffen.
Und wir dürfen unterstellen, dass die Verwaltungen, die bei Hochrechnungen keinen politischen Spielraum haben, auch dann aus der Verantwortung zu entlassen sind, wenn sich die Ergebnisse ihrer mathematischen Modellrechnungen als falsch erweisen. Verantwortlich ist allein der politische Chef.
Jetzt, wo bekannt ist, dass die öffentliche Hand im Sinne der Brüsseler Kriterien, die ja der Anlass zum umstrittenen Sparkurs der Regierung waren, nicht 4,4, sondern lediglich 1,7% Defizit im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt machte, und damit Klassenbeste im Euroraum ist, darf, soll, muss hinterfragt werden, wieso Frieden, mit dem vollen Sukkurs seiner CSV-Genossen, ausgenommen vielleicht Juncker, – in Details, den Steuerzahlen seinen Willen aufzwingen konnte, weitgehend?
Trotz des harschen Einspruchs der freien Gewerkschaften und der CGFP und des nicht unwichtigen Lippenbekenntnisses des LCGB? Trotz des mutigen Einspruchs des LSAP-Ministers Nicolas Schmit, zu dem sich rasch einige Kollegen und Freunde gesellten?
Ja, welche Feder trieb Herrn Frieden?

Alvin Sold asold@tageblatt.lu

Auch das Heute zählt

Voll guten Willens möchten wir sein an diesem Tripartite-Samstag und die gestellte Frage so beantworten, dass jeder, auch er, honorig bleibe:
1. Da war halt das komplexe Zahlenwerk mit den vielen Extrapolierungen, darunter sehr pessimistische. Letzteren konnte sich dieser stock-konservative Mann natürlich nicht entziehen.
2. Aus schierer Angst vor der Schuldenfalle (die es unseres Erachtens für Luxemburg überhaupt nicht gibt) erhob er höhere Steuern auf den mittleren Einkommen und förderte höhere Preise für öffentliche Dienstleistungen.
Im Endeffekt jagen der Staat und die Kommunen die Inflation hoch, weil sie „sparen“ müssen; schließlich wächst der Verdruss um und wegen der Politik, die sich aus dem Tagesgeschäft der Leute verabschiedet hat.
Schön und gut, Herr Frieden, dass Sie wissen, was die Banker denken und wollen.
Aber ahnen Sie, was das Pfund Brot kostet und der Liter Diesel?
Begreifen Sie, dass Zeiten sind, in denen der Staat Schulden tragen und sogar neu aufnehmen muss, nicht nur, um die Zukunft vorzubereiten, sondern auch um die soziale Solidarität in der Gegenwart zu erhalten und zu fördern?
Wegen der Kinder und der Kindeskinder, letztlich.