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 Foto: Editpress/Julien Garroy

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Das DEA des Herrn Bettel wurde 98 in Nancy mit einer „Note tout à fait honorable“ bewertet.

Damit wäre für mich die Sache vom Tisch. Denn erstens hatte X. Bettel „damals nach bestem Wissen und Gewissen“ gehandelt und zweitens war, wie die Uni sagt, vor 20 Jahren seine Vorgehensweise „nicht unüblich“.

Wir können heute nicht mehr beurteilen, welches Wissen das „beste Wissen“ X. Bettels beinhaltete, und über sein bestes Gewissen zu urteilen, wäre höchstwahrscheinlich noch komplizierter. Trotzdem scheint sein bestes Gewissen ihn heute etwas zu plagen, so wie das Gewissen der Uni Letztere plagt. In dem Maße sogar, dass sie anhand besten französischen Kartesianismus Bettels Arbeit a) weiter anerkennt, aber b) nur unter der Bedingung, dass er seine Arbeit an die aktuelle „Zitierpraxis“ anpasst. Nach Angabe seiner Referenzen wäre sein DEA dann kein Plagiat mehr. Von heute aus gesehen glaubt Herr Bettel zwar selbst, dass er die Arbeit hätte anders machen sollen; nein müssen. Wieso das, frage ich mich dann aber, wo er doch alles nach bestem Wissen und Gewissen getan hat, niemanden täuschen wollte und nur einzelne Passagen nicht mit separaten Textverweisen versehen hatte, sodass die Arbeit als eine „Art Plagiat“ gewertet werden könnte.

Die Uni sagt, vor 20 Jahren habe sie noch nicht die informatischen Mittel gehabt, um eine wissenschaftliche Arbeit auf Plagiat zu prüfen. Dabei sagt dieselbe Uni, dass es sich bei Bettels Manuskript weder um eine wissenschaftliche Veröffentlichung noch um eine Dissertation, sondern um eine Arbeit über ein Forschungspraktikum handelt. Inwiefern ändert dies etwas an der, zugegeben, sehr elastischen Definition des Plagiats im Fall Bettel?

Viel befremdlicher aber hört es sich an, wenn eine Uni feststellt, dass sie erst von dem Zeitpunkt an, da sie über informatische Mittel verfügt, wissenschaftliche oder andere Arbeiten auf Plagiat prüfen kann.

Was geschah in der Université de Lorraine vor der Einführung der Algorithmen?

Diese Geschichte ist albern. Nicht mal schlimm. Nur so schrecklich mittelmäßig. Greta Thunberg hätte das Ganze mit „bla, bla, bla“ zusammengefasst.

Jeder mit bestem Wissen, Gewissen, im historischen Kontext. Keiner hat fast nichts falsch gemacht. Es gab vielleicht hier oder dort eine kleine Unachtsamkeit. Herr Bettel bräuchte nur die paar Referenzen, die er vergessen hatte anzugeben, beizufügen, und alles wäre wieder bestens. Er scheint aber, wie schon damals, vor 20 Jahren, nicht die Zeit dafür zu finden. Um jeden Zweifel an die Verdienste seiner Arbeit auszuräumen und einen akademischen Vertrauensverlust zu vermeiden, bittet Herr Bettel die Uni, seine Arbeit zurückzuziehen.

Wenn die Zitate der Uni und Bettels in den Artikeln stimmen, was ich annehmen darf, finde ich mich als Leser in meinem basischen Begriffsverständnis für blöd gehalten, wenn überhaupt noch Wörter wie Zweifel und akademischer Vertrauensverlust gebraucht werden.

Herr Bettel tilgt Zweifel und Vertrauensverlust aus seiner „verdienstvollen“ Arbeit, dadurch dass er um deren Rückzug bittet.

Das hätte vor ihm nur Baron von Münchhausen fertiggebracht.

marc
20. Februar 2022 - 14.07

Dann müssen auch von Guttenberg, Schavan, Giffey etc.ihre Titel zurück bekommen!

jung.luc.lux@hotmail.com
15. Februar 2022 - 21.41

Ich werde in Zukunft auf keinen Fall einen Jugendlichen bestrafen wenn er nicht ehrlich bei Klausuren war.