LEITARTIKEL. Relatives Glück

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Glück ... Was ist Glück? Diese Frage ist wenn nicht unmöglich, dann aber in jedem Fall nur sehr schwer und zumeist nicht objektiv zu beantworten. / Tom Wenandy

Dennoch oder gerade deswegen befassen sich unzählige Wissenschaftler regelmäßig und rund um den Globus immer wieder mit dieser Frage. Besonders beliebt in diesem Zusammenhang sind Glücks- oder Zufriedenheitsrankings. Diese geben – kurz und leicht verständlich – Auskunft darüber, in welchem Land, in welcher Stadt die Menschen am glücklichsten, am zufriedensten sind. Beziehungsweise sein sollen.
Die verschiedenen, den jeweiligen Rangfolgen zugrunde liegenden Studien unterscheiden sich zwar aufgrund der Methodik, der Fragestellung und der Tiefgründigkeit, eins haben sie fast immer gemeinsam: Dänemark, das mit rund 5,5 Millionen Einwohnern kleinste Land Skandinaviens, belegt nahezu ausnahmslos immer den ersten Platz. Luxemburg schneidet in den verschiedenen Rankings in den meisten Fällen aber nicht viel schlechter ab. So belegt das Großherzogtum z.B. auf der von dem britischen Psychologen Adrian White 2006 erstellten „Weltkarte des Glücks“ den zwölften Rang. Dies mag auf den ersten Blick nicht sonderlich positiv erscheinen, doch relativiert sich dieser Eindruck sehr schnell, wenn man weiß, dass unsere direkten geografischen Nachbarn Deutschland und Frankreich lediglich auf Platz 35 beziehungsweise 62 liegen. In der jüngsten Eurobarometer-Umfrage über das Leben der EU-Bürger und ihre Wahrnehmung desselben platziert sich Luxemburg gar gleichauf mit den Niederlanden, Finnland und Schweden auf dem zweiten Rang. Rund 96 Prozent der Einwohner des Großherzogtums geben in dieser Befragung an, zufrieden zu sein mit dem Leben, das sie führen. Glücklicher (wenn man Glück mit Zufriedenheit gleichsetzt) sind nur … die Dänen.

Mögliche Gründe

Alles in allem können die Bürger Luxemburgs sich also glücklich schätzen, so zufrieden zu sein. Woran sich diese Zufriedenheit aber festmacht, welche Bedingungen dazu erfüllt sein müssen, darüber kann nur spekuliert werden.
Das Wetter scheint als Glücks- oder Zufriedenheitsfaktor auszuscheiden. Denn zu den glücklichsten Ländern gehören laut der oben erwähnten Weltkarte sowohl mehr (z.B. die Bahamas) als auch weniger sonnige und warme Staaten (z.B. Dänemark und Island, letzteres vor der Finanzkrise).
Wie aber ist der Einfluss von Geld und Reichtum? Ist es im internationalen Vergleich doch der Wohlstand, der zum Wohlbefinden der Einwohner Luxemburgs beiträgt?
Ja, aber nur bis zu einem gewissen Punkt, sagen Experten. Wie der deutsche Glücksforscher Bernd Hornung zum Beispiel erklärt, besteht zwar ein riesengroßer Unterschied zwischen „überhaupt kein“ oder „genug“ Geld haben, aber praktisch kein Unterschied mehr zwischen „genug“ oder „sehr viel“ Geld haben.
Im gleichen Sinne und auf die Staatsfinanzen bezogen stellte Adrian White fest, dass wenn Leute gefragt werden, ob sie glücklich mit ihrem Leben sind, das am ehesten von Menschen in Ländern mit einem guten Gesundheitssystem und mit Zugang zu Bildung bejaht wird. Dementsprechend ist es nicht verwunderlich, dass Luxemburgs Bürger sich mehrheitlich als glücklich beziehungsweise als zufrieden bezeichnen. Denn „genug Geld“ haben die meisten (wenn auch nicht alle) und sowohl das Sozial- als auch das Bildungssystem gehören im weltweiten Vergleich zu den besten.
Andere Faktoren wie Vertrauen in die Politik und Sicherheit spielen, verschiedenen Soziologen nach zu urteilen, eine weitere Rolle in Bezug auf Glück und Zufriedenheit. Aber wie Eurobarometer belegt, sind die Bürger Luxemburgs auch in diesen Bereichen zufrieden.
Vielleicht aber ist die Erklärung für die Zufriedenheit in unserem Lande auch eine ganz andere. Vielleicht ist Luxemburg einfach ein Land von Konservativen. Denn wie John R. Hibbing und seine Kollegen von der Fakultät für Politikwissenschaften an der Universität von Nebraska-Lincoln im vergangenen Jahr in der renommierten Fachzeitschrift Science erklärten, genießen Rechte bzw. Konservative das Leben recht unbeschwert. Anders als die Linken würden sie weniger an der Ungerechtigkeit der Welt leiden und frei nach dem Motto „Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied“ leben.
Luxemburg also ein zufriedenes Land, aber ein Land von Ich-Menschen? Traurig, wenn dem so wäre …

twenandy@tageblatt.lu