/ LEITARTIKEL: Olympischer Kraftakt
Mit Millionen sind die Einwohner gemeint, mehr als sechs momentan. „Millionen“ könnte aber auch auf Geld hindeuten. Wobei es dann in diesem Fall Milliarden sein müssten, denn Olympia ist teuer. Fast 14 Milliarden Dollar sind veranschlagt, jetzt, heute, sieben Jahre vor dem größten aller sportlichen Ereignisse.
Als provisorische Zahlen kann man demnach ansehen: die rund 2,8 Milliarden für die Organisation an sich und die rund 11,1 Milliarden für Infrastrukturmaßnahmen (darunter 5,5 für Transportsysteme). Ohne sich allzu weit vorzuwagen, kann man jetzt schon behaupten, dass es nicht dabei bleiben wird. Es wird noch teurer werden. Wobei Staat und Stadt für alle Kosten garantieren.
Es ist zu hoffen, dass das sogenannte Schwellenland diese Last stemmen kann. Zwei Jahre nach der Fußball-Weltmeisterschaft, die auch nicht nichts kosten wird. Gelingt Brasilien dieser finanzielle Kraftakt (es gilt auch, einen sozialen zu bewältigen, Stichworte Kriminalität und Armut), hat das Land eine einmalige Chance hervorragend genutzt. Vom Prestige ganz zu schweigen, wird die nationale Konjunktur noch kräftiger angekurbelt werden, wird Brasilien über eine auf Vordermann gebrachte Infrastruktur verfügen – wenn sie denn nach Olympia noch sinnvoll genutzt wird/werden kann –, wird der Tourismus zu neuen Höhenflügen ansetzen. Gelingt der Kraftakt nicht, könnte das schwerwiegende Konsequenzen haben.
Ein erstes Indiz, ob es möglich sein könnte, wird die Fußball-Weltmeisterschaft 2010 liefern. Die wurde nach Südafrika vergeben. Auch ein Schwellenland, wo ein Jahr vor der WM noch nicht sicher ist, ob die Veranstaltung von Erfolg gekrönt sein wird.
Geld regiert die Sportwelt
Wie zum wiederholten Male ersichtlich, spielt der schnöde Mammon auch im Sport eine nicht unerhebliche Rolle. Sogar eine sehr, sehr wichtige, wie auch der sogenannte mächtigste Mann der Welt erkennen musste.
Barack Obama reichte nicht, um die knapp hundert abstimmenden Mitglieder des Internationalen Olympischen Komitees IOC dazu zu bringen, Olympia nach Chicago zu vergeben. Das mag an den organisatorischen Schwachpunkten von Atlanta 1996 liegen, vielleicht auch an den nicht gerade stimmungsvollen Spielen in der Coca-Cola-Stadt oder auch im Winter 2002 in Salt Lake City. Vielleicht auch an den schlechten Erinnerungen, die einige Olympier mit der Mormonenstadt verbinden, im Zusammenhang mit dem bisher größten Korruptionsskandal, der das IOC je erschütterte.
Ausschlaggebend dürfte aber wohl das Geld gewesen sein. Nicht das Geld, das die Allgemeinheit gespart hätte, wären die Spiele nach Chicago gegangen – viele Sportstätten stehen bereits, ein erstes Budget sah „nur“ 4,8 Milliarden Dollar an Ausgaben vor (gegen Rios 14, siehe weiter oben) –, auch nicht die Mehreinnahmen durch TV-Rechte von US-Sendern, wäre Chicago auserwählt worden.
Nein, ausschlaggebend dürfte eine Unverhältnismäßigkeit gewesen sein. Und zwar die, dass das nationale Olympische Komitee der USA von den durch Olympia generierten Millionen- und Milliardeneinnahmen alleine so viel bekommt wie alle anderen nationalen Olympischen Komitees der Welt plus alle internationalen Sportverbände zusammen! Diese Bevorteilung wurde in den 80er und 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts von einem gewissen Juan Antonio Samaranch verantwortet – und läuft bis 2020. Rauskommen geht nicht.
Die Sportwelt wird eben vom Geld regiert, nicht vom mächtigsten Mann der Welt. Obama musste sprichwörtlich für etwas bezahlen, womit er rein gar nichts zu tun hatte.
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