Leitartikel: Kostspieliges Bauen

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Zwei beliebte Wahlthemen für den 7. Juni sind sicherlich die Entwicklung der Immobilienpreise und die Energieeffizienz. Zwei Punkte, die jeden etwas angehen, bei denen die politischen Parteien kräftig punkten wollen und sich deshalb auch nicht scheuen, den Wählern große Versprechungen und Ankündigungen zu machen. Fakt ist jedoch, dass die Immobilienpreise, auch wenn sie nach unten...

Es sei denn, man entscheidet sich für ein energiesparendes Haus wie zum Beispiel ein Niedrigenergiehaus oder ein Passivhaus. Denn was als große Errungenschaft des technologischen Fortschritts gefeiert wurde, als Lösung für die Heizöl- und die Klimakrise, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen für viele Bauherrn noch als unrealisierbarer Traum. Wenn man sich die Anzeigen der Immobilienmakler und der Baufirmen anschaut, stellt man nicht selten mit Entsetzen fest, dass die dort angegebenen Bau- und Verkaufspreise für Niedrigenergiehäuser oder Passivhäuser das Portemonnaie der meisten Otto Normalverbraucher sprengen. So muss man für ein Zuhause mit einer Wohnfläche von ungefähr 130 Quadratmetern mit der Energieeffizienzklasse B (also kein Passivhaus) oft die Bagatelle von 600.000 bis 800.000 Euro hinblättern! Im Schnitt kostet ein Passivhaus, unter anderem wegen der Installation von Dreifach-Verglasungen, dickeren Isolierungsschichten, Belüftungsanlagen usw., zwischen acht und zehn Prozent mehr als ein „klassisches“ Wohnhaus. Bei einem Niedrigenergiehaus chiffrieren sich sie Zusatzkosten auf etwa fünf Prozent.
Dabei hatten die EU-Direktive von 2002 und die zwei großherzoglichen Reglemente von 2007 über die Energieeffizienz der Gebäude und die staatlichen Hilfen im Energiebereich das Ziel, das „ökologische“, energiesparende Bauen zu fördern. Der Energiepass und die „grüne Hausnummer“ sollten ebenfalls die Haushalte dazu bewegen, verstärkt auf den Energieverbrauch zu achten.

Ungenügende Kompensierung

Aber die horrenden Grundstückspreise und der gewaltige Baupreis schrecken viele junge Haushalte ab, in ein Niedrigenergiehaus oder ein Passivhaus zu investieren. Die diversen staatlichen Hilfen und die späteren Einsparungen durch billigere Energierechnungen kompensieren die Mehrausgaben nur teilweise oder zu langsam. Manche Haushalte müssen 30 oder 40 Jahre warten, ehe sie das Investitionsplus ausgeglichen haben.
Und auch die krisengeschüttelten Finanzinstitute geben keinen Anreiz zum energiesparenden Bauen. Sie sind sehr vorsichtig bei der Vergabe der Kredite und wollen vor allem Garantien. Es interessiert sie nur zweitrangig, in was für eine Immobilie das Geld investiert wird.
Schließlich werden in Krisenzeiten die Verbraucher vorsichtiger. Auch wenn manche den Moment nutzen, von den günstigen Bedingungen der Baufirmen und der Banken profitieren und verstärkt in ihre Liegenschaften investieren, nimmt die Anzahl der Bestellungen in den Auftragsbüchern der Baufirmen ab.
Richtige Energieeffizienz ist sowieso nur bei Neubauten rentabel. Bei Altbausanierungen gestalten sich die Arbeiten so kostenintensiv, dass die meisten Leute eher ein „klassisches“ Erneuerungsprogramm wählen.
Energiesparmaßnahmen sind notwendig, auch im Bau- und Renovierungssektor. Nur sind sie im Moment zu teuer, um die breiten Massen anzusprechen. Neben einer staatlich geförderten sozialeren Tarifpolitik könnte die Forschung eine Lösung darstellen. Neue Bau- und Isolierungsmaterialien müssen entwickelt werden. Die Verwendung von Fertigbauteilen wäre auch für Niedrigenergie- und Passivhäuser eine gangbare Lösung. Ziel muss es sein, die Kosten auf ein für den Bauherrn erträgliches Maß zu reduzieren, ohne die Qualität des Produktes zu schmälern.

René Hoffmann
rhoffmann@tageblatt.lu