/ LEITARTIKEL: Ein Mensch, kein Mensch
Am 26. Mai jenes Jahres kam es in Pommerloch zu einer fatalen Kollision, bei der eine Frau schwere Verletzungen erlitt. Die Frau war im siebten Monat schwanger, das Ungeborene sollte den Unfall nicht überleben.
Für das Gericht, das am 22. Oktober das Urteil gegen die beiden am Unfall schuldigen Automobilisten fällen muss, stellt sich die entscheidende Frage, ob das Ungeborene in diesem Fall als Mensch oder lediglich als „Sache“ anzusehen ist.
In ersterem Fall würden die auszusprechenden Strafen wesentlich höher sein, da es dann um unfreiwilligen Totschlag ginge. Hält das Gericht jedoch die zweite Hypothese zurück, dann können die Beschuldigten lediglich wegen unfreiwilliger Körperverletzung verurteilt werden. Die legale Basis ist in dieser Frage ziemlich verworren. Das drückte auch die Staatsanwaltschaft aus, die sich vom Gesetzgeber klarere Vorgaben wünschte. Erstaunlich ist dennoch die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft, als Vertreter der Interessen des Staates, in diesem konkreten Fall lediglich eine Verurteilung wegen des Deliktes der unfreiwilligen Verletzungen fordert.
Denn an und für sich sind diese Interessen des Staates, wenn es sonst um ungeborenes Leben geht, ganz anders gelagert. Bei Schwangerschaftsabbrüchen wird in Luxemburg immer noch die erzkonservative Sichtweise der katholischen Kirche zu dieser Thematik weitestgehend berücksichtigt.
Längst fällige Reform
Ein Schwangerschaftsabbruch ist bei uns bislang nur in drei Fällen legal und muss zudem ärztlich verschrieben werden: Bei einer schweren physischen oder psychischen Gefährdung der (werdenden) Mutter in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten, beim Verdacht auf eine schwere Behinderung oder Krankheit des Ungeborenen oder falls das Kind bei einer Vergewaltigung gezeugt wurde.
Diese gesetzlichen Vorschriften führen dazu, dass Jahr für Jahr zahlreiche Frauen (und Mädchen) aus dem Großherzogtum im Ausland einen Schwangerschaftsabbruch durchführen. Im Jahr 2008 sollen es allein in den Niederlanden 1.500 gewesen sein!
Um diese illegalen Abtreibungen zu verhindern, sieht das neue Regierungsprogramm eine längst fällige Änderung der derzeitigen Rechtsvorschriften vor, vor allem was den Artikel 353 des Strafrechtes angeht, der als legale Basis für Schwangerschaftsabbrüche dient. In der Regierungserklärung heißt es hierzu u.a. wörtlich: „L’article 353 du code pénal sera reformulé en disposant que l’interruption volontaire de grossesse est admise pour des raisons de détresse d’ordre physique, psychique ou social dans le chef de la femme enceinte.“
Das bedeutet konkret, dass Frauen nach der Reform bis zur zwölften Schwangerschaftswoche selbst die Entscheidung fällen können, ob sie ihr Kind zur Welt bringen wollen oder nicht.
Zwar ist auch weiterhin die Konsultation eines Gynäkologen resp. Obstetrikers (Geburtshelfers) notwendig, und die Frau muss sich ebenfalls in einem von der Regierung zugelassenen sozio-familiären Informationszentrum beraten lassen, doch die Entscheidung, ob oder ob nicht, liegt schlussendlich bei ihr alleine.
Welch ein Fortschritt! Wenn er denn kommt!
- Tageblatt Gewinnspiel vom 24.09.10: « Die Welt von Milch und Käse » mit Poster - 29. September 2010.
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