/ LEITARTIKEL: Billig kannauch teuer sein
Glaubt man den Kommunikationsexperten, so ist der unleugbare Erfolg der angesprochenen Kampagne vor allem darauf zurückzuführen, dass sie es auf eine aus werbestrategischer Sicht vorbildliche Art und Weise verstand, den Geist der Zeit zu erfassen. Eine Zeit, die sich – vor allem zu Beginn der Kampagne – durch ein konjunkturelles Tief und eine entsprechend gedrückte Stimmung innerhalb der Bevölkerung auszeichnete. Indem den Verbrauchern eine oft als Laster interpretierte Charaktereigenschaft als Tugend suggeriert wurde, sollte ihnen die „Angst“ vor dem Konsum genommen und dieser entsprechend angekurbelt werden.
Im (vor)vergangenen Jahr verabschiedete sich der Handelskonzern dann von dem markanten Werbespruch. Fortan sollte unter dem Motto „Wir lieben Technik, wir hassen teuer“ neben dem Preis auch verstärkt die Qualität den Kunden überzeugen. „Geiz ist geil“ entspreche nicht mehr dem Zeitgeist, lautete die offizielle Begründung des Unternehmens.
Hauptsache billig
Ob die „Hauptsache billig“-Philosophie nun aber wirklich ausgedient hat, bleibt zu bezweifeln. Wünschenswert wäre es allemal. Denn von der „Geiz ist geil“-Mentalität profitierten (und profitieren auch weiterhin noch) nur wenige. Zwar haben verschiedene Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler die „Geiz ist geil“-Mentalität zu interpretieren versucht und den Drang zur Sparsamkeit als Antwort auf die Gier, das permanente Streben nach Bereicherung der globalen Wirtschaft dargestellt. Demnach wären beide Entwicklungen eng miteinander verknüpft, nichtsdestotrotz gegenläufig zu einander. Anders als von den „Experten“ erklärt, ist dem aber nicht so, denn das Grundprinzip ist in beiden Fällen größtenteils das gleiche. Anders ausgedrückt: Gier und Geiz schließen sich nicht zwangsläufig aus. Ganz im Gegenteil. Sie sind sogar allzu oft Synonym. Dann nämlich, wenn Menschen versuchen, mit einem Minimum von Eigenengagement ein Maximum an Ergebnissen zu erreichen, ein Maximum an (ungerechtfertigtem) Profit zu erzielen. Und diese Rechnung geht, wie die derzeitige Krise oder vielmehr deren Ursachen eindeutig belegen, nicht auf. Von nichts kommt nichts, oder anders gesagt: Qualität hat einfach ihren Preis. Und dieser Preis – ob es sich dabeium den Preis für materielle Güter oder um Dienstleistungen handelt – muss bezahlt werden. Von irgendwem, irgendwann.
Bei der „Geiz ist geil“-Politik wird dieser Preis in den allermeisten Fällen nie vom Händler bzw. Dienstleister bezahlt. Vielmehr sind es die Arbeitnehmer, die den Preis für Billigprodukte tragen. In Billiglohnländern, die nicht zwangsläufig immer außerhalb der EU liegen, ihrem Namen aber alle Ehre machen, müssen sie wenn nicht zu menschenunwürdigen, dann zumindest zu bedenklichen Bedingungen den Reichtum für eine Minderheit erwirtschaften. Und oft stimmen nicht nur die Lohnbedingungen nicht. Auch die übrigen Arbeitsbedingungen in Sachen Gesundheitsschutz und Sicherheit lassen zu wünschen übrig.
Um nicht missverstanden zu werden: Es geht an dieser Stelle keineswegs darum, Konsumenten das Recht abzusprechen, Waren und/oder Dienstleistungen zu vergleichen und sich gegebenenfalls für das preisgünstigste Produkt zu entscheiden. Bei seinem Vergleich sollte der Verbraucher oder Kunde aber mehr als nur den alleinigen Preis berücksichtigen. Erstens ist bei gleicher Qualität, das laut Werbung offensichtlich Billigste nicht immer das wirklich Preisgünstigste. Zweitens entpuppt sich ein billiges Produkt von minderer Qualität aufgrund geringerer Lebensdauer unter dem Strich oft als das teurere. Und drittens sollte jeder Verbraucher sich seiner sozialen und menschlichen Verantwortung bewusst sein.
An dieser Stelle ist denn auch die Politik gefordert, die erforderlichen Rahmenbedingungen zu schaffen. Außenpolitisch, arbeitsrechtlich und im Bereich Verbraucherschutz.
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