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Zur Reform der Gemeindefinanzen

Die geplante Reform der Gemeindefinanzen sorgte in den vergangenen Wochen für viel Diskussionsstoff. Insbesondere die flächenmäßig größte Gemeinde Wintger und die sogenannte „Nordstad“ fühlen sich vernachlässigt.

Im Falle von Wintger liegt es vor allem daran, dass im neuen Gesetzesprojekt nicht mehr so viel Gewicht auf die Fläche gelegt wird. Dadurch wird die Nordgemeinde etwas weniger Geld aus dem neu zu schaffenden „Fonds de dotation globale pour les communes“ erhalten. 2015 lag Wintger mit einem Pro-Kopf-Einkommen von 3.130 Euro an vierter Stelle bei den staatlichen Zuwendungen. Die Verschuldung der Gemeinde blieb unter 3 Prozent der ordentlichen Einnahmen. Obwohl Wintger über eine Gesamtfläche von 113 Quadratkilometern verfügt, zählt die Kommune nur knapp über 4.000 Einwohner.

Manche Südgemeinden wie Rümelingen können von solchen Zuständen leider nur träumen.

Anders die „Nordstad“. CSV-Politiker wie der ehemalige Minister Marco Schank oder der Ettelbrücker Bürgermeister Jean-Paul Schaaf bemängelten in den vergangenen Wochen, dass die „Nordstad“ im Reformentwurf nicht als „Centre de développement et d’attraction“ (CDA) aufgelistet sei und damit künftig auch nicht stärker gefördert werde. Dabei sollen die sechs Gemeinden dieser Agglomeration (Bettendorf, Colmar-Berg, Ettelbrück, Erpeldingen, Diekirch, Schieren) 2017 zusammen insgesamt 7,4 Millionen Euro mehr erhalten als bisher.

Hinzu kommt, dass sich die vor rund zehn Jahren gegründete und ursprünglich als Gegenpol zu Zentren wie Luxemburg oder Esch/Alzette gedachte „Nordstad“ bislang kaum entwickelt hat. Mit Ausnahme der Gewerbezone Fridhaff und des geplanten Wohn- und Verkehrskonzepts „Zentrale Achse 2.0“ ist seit 2007 kaum etwas passiert. Die „Nordstad“ hat noch nicht einmal eine bindende Rechtsform, sondern existiert bislang lediglich als unverbindliches „Comité politique“. Eine Fusion wird von den meisten beteiligten Gemeinden abgelehnt, mit der von der Regierung geforderten Bildung eines Mehrzweck-Syndikats tut man sich noch schwer.

Im Süden wird viel in Bildung, Kultur, Tourismus (…) investiert

Ferner wird insbesondere der soziale Bereich nach wie vor vernachlässigt. Zwar beherbergt Ettelbrück seit jeher das „Centre hospitalier neuro-psychiatrique“, doch die bereits vor Jahren im Koalitionsvertrag der Regierung vorgesehene Fixerstube lässt noch immer auf sich warten. Und auch beim Bereitstellen von „structures d’accueil“ und Wohnungen für Flüchtlinge hat sich die immerhin fast 25.000 Einwohner zählende „Nordstad“, mit Ausnahme der Stadt Diekirch, nicht unbedingt positiv hervorgetan.

Anders sieht es im Minett aus. In den drei größten Südgemeinden Esch/Alzette, Differdingen und Düdelingen, die im Zuge der Reform alle drei den CDA-Status erhalten sollen, scheint die Krise nach dem Niedergang der Stahlindustrie überwunden. Im Süden wird viel in Bildung, Kultur, Tourismus und die weitere wirtschaftliche Entwicklung investiert. Die Kulturhauptstadt 2022 könnte allen Unkenrufen zum Trotz für weiteren Aufschwung sorgen, von dem auch kleinere Südgemeinden profitieren könnten.

Parallel dazu haben die Südgemeinden immer auch ihre sozialen Aufgaben erfüllt. Selbst in schlechten Zeiten stand im Minett stets die Solidarität im Vordergrund. Besonders Esch hat regionale Verantwortung übernommen und betreibt neben dem Abrisud bald auch eine Fixerstube. Als es um die Unterbringung von Flüchtlingen ging, waren vor allem Düdelingen und Differdingen mit die Ersten, die freiwillig Hilfe anboten. Die Regierung tut gut daran, künftig auch sozioökonomische Kriterien bei der Verteilung der Staatszuwendungen zu berücksichtigen. Im Falle von Rümelingen, das im Gegensatz zu den großen Landgemeinden im Norden kaum noch Platz zum Wachsen hat, könnte es sogar gerne noch etwas mehr sein.