/ Krise ... bei 30 Grad
Vor der Tür fahren zwei Tonnen schwere Fahrzeuge vor, die in Dubai angemeldet sind. In der zweiten Spur steht ein Saudi, der sich gerade darüber aufregt, dass der Russe vor ihm vom Hotelpersonal anscheinend bevorzugt behandelt wird. Der „Voiturier“ nimmt es gelassen, weiß er doch um die Macken dieser „clientèle dorée“.
Der Saudi wird lauter und lauter, erklärt dem „Nichts“ an der Hoteltür, dass sein Fahrzeug immerhin 190.000 Euro wert sei, das des Russen aber nur 150.000. Zudem habe er das teuerste Zimmer im Hotel für einen ganzen Monat gebucht. Der aufgeregte „Tourist“ verschwindet daraufhin in der Empfangshalle des Hotels. Der einzige, dem das ganze Getue zu einem Lachen verhilft, ist der bärtige Mann, der vor der Hoteleinfahrt auf dem Bürgersteig sitzt und um Spenden bittet. Auf einem Pappkarton teilt er zynisch mit großen Buchstaben den Passanten mit, dass er „Fuel for the Porsche“ braucht.
Vor dem „Martinez“ fährt kurze Zeit später eine Kolonne von Bentleys vor. Junge, dynamische Menschen, die es zu etwas gebracht haben – oder sollte man sagen, deren Väter es zu etwas gebracht haben –, wollen hier ihre Cabrios abstellen, obwohl sie nicht in diesem Hotel wohnen. Auch hier bleiben die Diskussionen nicht aus. Entlang der „Croisette“ tummeln sich die Sonnenanbeter auf ihren Strandliegen zu 18 bis 20 Euro Miete pro Tag. Es gibt aber immerhin einen Sonnenschirm dazu. Für zwei Euro mehr gibt es sogar einen Platz in der ersten Reihe am Meer, sofern die nicht schon bis September reserviert sind. An der Strandbar kostet die Flasche Rosé aus der Provence 60 Euro. Man gönnt sich ja sonst nichts Wem das alles zu billig erscheint, der macht sich gegen 17 Uhr auf den Weg in Richtung Beach-Club.
Den Eintrittspreis bezahlt man aus der Portokasse: 25 Euro, und man ist mit einem Fuß in der Welt der Schönen und Reichen. Wein gibt es hier ab 200 Euro, für den Platz auf einem der weiß bezogenen Sofas muss man übrigens noch einmal 25 Euro drauflegen. Pro Person, versteht sich. Das clubeigene Boat-Taxi fährt raus aufs Meer, um den Besitzer der 17 Meter langen Yacht, die vor der Bucht geankert hat, abzuholen. Der Geschäftsmann ist anscheinend Stammgast in diesem Club. „Il fait danser l’euro“, sagt der junge Mann am Eingang des Clubs, der für einen winzig kleinen Lohn hier zwölf Stunden am Tag herumspringen muss.
Was tut man nicht alles, um neben einem Firmenboss und/oder Millionär sitzen zu können, der, geschwächt von den wochenlangen Diskussionen um den Rausschmiss von mehreren hundert Belegschaftsmitgliedern wegen sogenannter „Restrukturierungsmaßnahmen“, zwecks Erholung Sekt für all die schönen Körper bestellt, die sich um ihn geschart haben. Eine Methusalem à 2.500 Euro, oder zwei, oder mehr. Man gönnt sich ja sonst nichts. Möchte man das Gleiche mit einem oder zwei Diamanten im Fond der Flasche – zwecks Eroberung der lieb gewonnenen jungen Damen – legt man 25.000 Euro auf den Tisch. Gezahlt wird später – mit dem guten Namen. Tja, der Mann von Welt hat es nicht leicht in der Krise.