Krieg mit leeren Kassen

Krieg mit leeren Kassen

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Britannia rules the waves. Aber das war gestern. Nicht etwa, dass die wackeren Matrosen Ihrer Majestät – die Nachfolger Drakes, Nelsons und Fishers – sich plötzlich etwa von somalischen Freibeutern zu Paaren treiben ließen. Nein, sie müssen beidrehen, ohne dass ihnen gegönnt gewesen wäre, auch nur eine einzige Breitseite abfeuern zu dürfen. Nämlich aus Budgetgründen.

Francis Wagner
fwagner@tageblatt.lu 

Am Dienstag stellte die britische Regierung ihre Sparpläne vor, deren Umsetzung der schimmernden Wehr Albions erhebliche Einbußen an Mann, Maus und Material bescheren werden.

Der schnöde Mammon oder vielmehr der Mangel an demselben nötigt also die Navy, die Segel zu streichen. Das Flaggschiff der britischen Marine, der Flugzeugträger „HMS Ark Royal“ – das erste Schiff dieses Namens trug 1588 zum Untergang der spanischen Armada bei – wird abgetakelt. Ende einer Ära: Die Tage des „Harrier“ – des letzten integral in Großbritannien entwickelten Jagdflugzeugs – sind ebenso gezählt. Zwei bereits georderte neue Flugzeugträger sollen zwar auf Kiel gelegt werden, zum Teil aber nur deswegen, weil eine Abbestellung aufgrund der dann fälligen Konventionalstrafen gerade in diesen Zeiten leerer Kassen unbezahlbar gewesen wäre.

Kein Moos für Glanz & Gloria

Langsam, aber sicher müssen Frankreich und Großbritannien sich damit abfinden, dass die Tage großmächtiger militärischer Glorie endgültig gezählt sind. Die harte Realität zusehends schwieriger auszubalancierender Staatshaushalte fordert unerbittlich ihren Tribut.

Immerhin kriegen beide Nationen, das muss der Neid ihnen ja lassen, nach wie vor eine zünftige Parade mit Tschingderassassa und Bumswallera hin, bei der die Kürassiere in gleißendem Harnisch und mit blitzender Plempe – ah, cold steel! – die Mall oder die Champs Elysées in makelloser Formation entlangtrotten, eh wie je bereit, irgendwelchen unbotmäßigen Kolonialuntertanen oder, besser noch, dem jeweilig offiziell patentierten Erbfeind Saures zu geben.

Dort, wo richtig geschossen wird indes, nämlich in Afghanistan, siegen sie (wir!) aber mitnichten mehr, und das unbeschadet der Tatsache, dass dort der „Ennemi“ bloß armselige Maulesel zu reiten sich genötigt sieht.

Nun, immerhin: Sowohl London als auch Paris verfügen nach wie vor über ihre Force de frappe.

Die Megatonnenhämmer, deren größter militärischer Wert darin besteht, dass sie im Prinzip praktisch zu nichts nutze sind und man es vielmehr bei der bloßen Androhung ihres Einsatzes bewenden lassen muss, sind noch am ehesten dazu angetan, ihren Besitzern den Phantomschmerz verlustig gegangener Größe zu lindern.

Allein, über Atomwaffen verfügt in Zeiten wie diesen selbst eine ehemalige Kolonie wie Pakistan. Bitterarm, aber bombenstark. Und selbst ein Veteran der Teheraner Müllabfuhr will sich gar nicht mehr einkriegen vor Freude darüber, dass das nukleare Höllenfeuer in nicht allzu ferner Zukunft Stolz und Zierde seiner Arsenale sein soll.

Der britische Premier Cameron gelobte, „asymmetrische“ Kriege wie jenen in Afghanistan in den Mittelpunkt der britischen Anstrengungen zu stellen. Bloß: Die Frage, wie auf Dauer hauptsächlich mit Hightech-Waffen einer Armee von Lowtech-Kriegern beizukommen sei, die nicht davor zurückscheuen, sich nötigenfalls selbst in die Luft zu jagen, die konnte bisher niemand auf befriedigende Weise beantworten.