Aufmerksamkeitsdefizite

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Während seiner ausgezeichneten Rede, die er gestern hielt, nachdem man ihm den Servais-Preis überreicht hatte, stellte Nico Helminger fest, dass die (luxemburgische) Literatur in der heutigen Gesellschaft wenig bis gar nicht wahrgenommen werde.
In Bezug auf den Rummel, der um die Namensverwechslung des Kulturministers entstand (Bettel hatte Nicos Bruder Guy für den Servais-Preis gratuliert), spottete er, sein 500-Seiten-Werk „Kuerz Chronik vum Menn Malkowitsch sengen Deeg an der Loge“ habe kaum Aufmerksamkeit bekommen, wohingegen lediglich drei Buchstaben (G-U-Y) ausgereicht hätten, um für eine außerordentliche mediale Berichterstattung zu sorgen. Helminger präzisierte danach, dies liege vielleicht teilweise daran, dass eine Studie des Marktforschungsinstituts dscout festgestellt habe, dass die Testperson ihr Handy 2.617 pro Tag berühre – und deswegen keine Zeit mehr habe, gründlich zu lesen.

Tatsächlich fordert gute Literatur, dass man Geduld aufbringt und Zeit investiert. In Zeiten der virtuellen Displays, auf denen unsere Aufmerksamkeit in zig Fenstern verstreut wird, ist dies kaum mehr möglich. Dies ist umso bedauerlicher, da diese Zeit und Geduld, die ein literarisches Qualitätswerk ausmachen, meist auch von der Geduld, mit der sein Autor die Wirklichkeit beobachtet und beschreibt, zeugt. Denn die fragmentarische Wahrnehmung, der jeder Tiefgang fehlt, führt unweigerlich dazu, dass man sich bloß für Oberflächlichkeiten wie eine Namensverwechslung interessiert, da, wo eine ordentliche Lektüre des Romans und seiner Themen (darunter Nation Branding und die Abstumpfung des Einzelnen in der Arbeitswelt) den kritischen Blick des Lesers schärfen könnte.

roger wohlfart
26. Juni 2018 - 9.44

In anderen Worten, Premier Bettel, hat Nico Helmingers Buch gar nicht gelesen. Von Tuten und Blasen also keine Ahnung. Jeder blamiert sich halt so gut er kann. In diesem Fall eine peinliche Blamage!

Ouni Neid
25. Juni 2018 - 21.06

2.617 pro Tag reicht beim Xaver nicht...

Scholer
25. Juni 2018 - 7.50

Op den Punkt bruecht.Bravo!