Keine Gesetze für alles!

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(Tageblatt-Archiv)

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Jedes Jahr sterben Tausende Menschen infolge eines Verkehrsunfalls; in Luxemburg zählte man im vorigen Jahr 32 Tote. In Frankreich waren es 4.000 Tote im Jahr 2009.

Ein Großteil davon sei auf überhöhten Alkoholgenuss zurückzuführen, sagen offizielle Statistiken. So wie am vorigen Sonntagmorgen in Südfrankreich. Dort ereignete sich auf der Autobahn A7 ein Verkehrsunfall, der vier Menschen das Leben kostete, darunter die Verursacherin des Unfalls, eine junge Frau von 25 Jahren. Auch ihr Alkoholspiegel soll weit über dem Erlaubten gelegen haben.
Die Präfektur des Departements Bouches-du-Rhône hat nach dem Unfall angeordnet, die Diskothek, in der die junge Frau ihren Abend verbrachte, bevor sie in falscher Richtung auf die Autobahn fuhr, für zwei Monate zu schließen.
Ohne nun die genaue Rechtslage zu kennen, können wir doch davon ausgehen, dass die französischen Autoritäten nur das Gesetz angewandt haben, nach dem Motto: streng, aber gerecht. Denn streng ist es allemal. Obwohl wir in Luxemburg nicht die gleiche Rechtsgrundlage haben und eine Schließung wie in Frankreich schwerlich vorstellbar ist, kann man sich durchaus fragen, wann jemand in Luxemburg auf den gleichen Gedanken kommt.
Hierzulande darf ein Wirt theoretisch niemandem etwas ausschenken, bei dem schon klare Anzeichen von Betrunkenheit zu erkennen sind. Zuwiderhandlungen können mit einer Geldstrafe geahndet werden.

Claude Molinaro cmolinaro@tageblatt.lu (Bild: Tageblatt/Pierre Matge)

Grundsätzliche Fragen

Im Falle unseres französischen Beispiels scheint es so, als hätte unbedingt jemand bestraft werden sollen; da die Hauptschuldige jedoch tot ist, suchte man jemand anderes. Angesichts dieser Entscheidung kann man sich einige grundsätzliche Fragen stellen.
Kommt es nicht einer Entmündigung des Bürgers gleich, dem Wirt die Schuld in die Schuhe zu schieben? Bedeutet es, dass die Franzosen nicht mehr für ihre Taten verantwortlich sind, nach der Devise „ich kann nichts dafür, denn er gab mir zu trinken“? Wären die Behörden konsequent, müssten sie eigentlich die Prohibition wieder einführen. Aber hier zeigt sich die Hypokrisie des Staates, der einerseits mit aller Härte des Gesetzes vorgeht, andererseits aber kräftig mitkassiert. Ein Dilemma, das auch hierzulande angesichts des nahenden, noch strengeren Rauchverbots diskussionswürdig ist. In Luxemburg gabes die Forderung – und es gibt sie vielleicht immer noch –, Straßenbäume zu fällen, weil dann niemand mehr gegen sie fahren könnte. Mag stimmen, aber wäre man auch hier konsequent, müsste man dann nicht auch fordern, alle Mauern einzureißen, gegen die man eventuell prallen könnte? Treibt man es auf die Spitze, wird man immer einen Schuldigen hinter dem Schuldigen finden: Ein Teufelskreis.
Ja, der Wirt darf niemandem etwas ausschenken, der sternhagelvoll ist, aber dass dies in der Praxis fast unmöglich anzuwenden ist, dürfte wohl jedem einleuchten.
Bleibt nur zu hoffen, dass niemand in Luxemburg auf die Idee kommt, den Wirten die Verantwortung über unser Privatleben zu übertragen. Es geht in dieser Sache nicht so sehr ums Trinken – damit schadet man lediglich seiner eigenen Leber –, sondern um das Fahren im berauschten Zustand. Und diese Verantwortung liegt ganz allein beim Fahrer.
Man kann nicht erwarten, dass immer jemand auf uns aufpasst: Das müssen wir schon selbst tun. Wir brauchen keine Gesetze, die regeln, wer uns wo was zu trinken gibt.