/ Kein Übermensch
In der Praxis äußert sich diese Ambition dadurch, dass Juncker derzeit neben Merkel und Sarkozy gegen Märkte, Ratingagenturen und für den Euro und die EU kämpft, parallel hierzu bzw. zwischen zwei Krisensitzungen in Brüssel die Tripartite noch vor Weihnachten zu einem erfolgreichen (für wen auch immer) Ende bringen will. Dass er nichts unversucht lassen wird, beide Ziele zu erreichen, steht außer Frage, ob seine Versuche aber von Erfolg gekrönt sind, auf einem anderen Blatt.
Tom Wenandy twenandy@tageblatt.lu
Da ist zum einen die Europäische Union. An dieser Stelle spielt Juncker, so bedauerlich dies – aus luxemburgischer und womöglich auch aus europäischer Sicht – vielleicht ist, nicht mehr die erste Geige. Das Duo Merkel-Sarkozy hat ihm diesen Rang abgelaufen. (Auch wenn diese schon lange nicht mehr eigenmächtig entscheiden, sondern nur noch wie Marionetten im Spiel der Märkte wirken.)
Von der europäischen Bühne weg ist Juncker deshalb aber noch lange nicht. Juncker hat innerhalb der EU immer noch ein gewisses Gewicht. Auch wenn er, wie der Tagesspiegel schreibt, seine „Schlüsselrolle beim Aushandeln von Beschlüssen auf dem europäischen Kompromissbasar schon seit geraumer Zeit eingebüßt hat“ und inzwischen eher derjenige sei, „der mit den schweren Güterzügen auf dem Nebengleis unterwegs ist, während andere über die Schnellstraße donnern“.
Aus dieser trefflich beschriebenen Konstellation ergibt sich dann aber, dass Juncker anders als in den Vorjahren in Europa erheblich mehr Energie und Zeit aufbringen muss, um auch nur ansatzweise seine Ideen einbringen (im besten Fall durchzusetzen) zu können.
Job und Nebenjob
Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen, dass es nicht möglich ist, Europa von wo aus auch immer zu retten und gleichzeitig die Geschicke eines, wenn auch nur kleinen Landes zu führen.
Premierminister ist ein Vollzeitjob, der in wirtschaftlich günstigen Zeiten vielleicht eine „Nebenbeschäftigung“ als Eurogruppen-Chef zulässt. Nun sind die Zeiten aber andere und Probleme gibt es nicht nur auf europäischer, sondern auch – ganz konkret – auf nationaler Ebene.
Bei allen Kompetenzen und Leistungen, Jean-Claude Juncker ist kein Übermensch!
Warum also, fragen sich nicht nur Gewerkschaften und Oppositionsparteien, hält der Premier vehement daran fest, die nationale Dreierkonferenz noch unbedingt bis Monatsende abschließen zu wollen?
Dies obwohl – wie die drei national repräsentativen Gewerkschaften bemängelten – die Vorbereitungen zur Dreierkonferenz mehr als dürftig waren. Hinzu kommt, dass (erwartungsgemäß) weder die erste Tripartite-Runde noch die darauf folgenden Bipartiten eine Annäherung an eine Lösung gebracht zu haben scheinen und die wirtschaftliche Entwicklung nach wie vor komplett unvorhersehbar ist.
Es kann demnach nur einen Grund geben, warum Juncker an dem engen Zeitplan festhält. Er will seine Kritiker Lügen strafen und (vielleicht auch sich selbst) beweisen, dass er der Doppelbelastung Eurogruppe/Regierung standhält.
Zumal auf nationaler Ebene der Druck des Patronats auf Juncker enorm zu sein scheint. Die Arbeitgeberseite scheint nicht nachgeben zu wollen und die „Gunst“ der wirtschaftlich schlechten Stunde nutzen zu wollen, um lang gehegte „Wünsche“ endlich zur Erfüllung zu bringen.
Außerdem kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass auch der Druck aus den eigenen Reihen, sprich aus der CSV, zunimmt. So jedenfalls kann man die am Mittwoch von Finanzminister Luc Frieden im Parlament gemachte Aussage deuten, im kommenden Jahr informelle Gespräche mit Parteien, Sozialpartnern und Vertretern der Zivilgesellschaft suchen zu wollen. Bislang waren solche Sachen immer Chefsache.
Eine graduelle Amtsübergabe deutet sich demnach an. Ob mit oder ohne Zustimmung Junckers, ist unklar. Klar ist nur so viel: Dieser Wechsel, wenn er denn kommt, wird kein Wechsel in der politischen Kontinuität sein. Sowohl im national- als auch im europapolitischen Denken unterscheiden sich Juncker und sein designierter Nachfolger – wie nicht zuletzt die unterschiedlichen Aussagen der letzten Tage und Wochen deutlich machten – erheblich.
Vielleicht versucht Juncker deshalb mit einer eiligst durchgeboxten Tripartite zumindest auf nationaler Ebene die Weichen für die kommenden Jahre in seinem Sinne zu stellen. Der Druck jedenfalls scheint so groß zu sein, dass Jean-Claude Juncker ein Scheitern der Dreierkonferenz und damit die Gefährdung des sozialen Friedens in Luxemburg billigend in Kauf nimmt.
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