Kalaschnikows für Cash

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Wenn ein Mann wie Viktor Bout unschädlich gemacht wird, dann kann man das grundsätzlich nur begrüßen. Gerade in der Dritten Welt richten die Aktivitäten solcher Todeshändler furchtbares Leid an.

Francis Wagner
fwagner@tageblatt.lu

Wer Stammeskrieger, die einander früher mit Pfeilen, Lanzen und Repetiergewehren beharkten, mit vollautomatischen Sturmgewehren ausstattet, der ist dafür verantwortlich, dass die Opferzahlen bei derartigen Konflikten dramatisch in die Höhe schnellen.

Die in den armen Ländern dieser Welt allgegenwärtige Kalaschnikow hat sich als regelrechte Blutmühle herausgestellt. Nicht weil Sturmgewehre aus westlicher Produktion weniger tödlich wären (z.B. durch den besser gedämpften Rückstoß und die daraus resultierende höhere Schusspräzision sind sie es sogar eher mehr): Das Problem mit Kriegsmaterial wie der Kalaschnikow oder der kaum weniger verbreiteten Panzerfaust RPG7 besteht darin, dass sie unvorstellbar billig sind: Für eine Handvoll Dollar schon erhält man eine Waffe, die pro Minute 600 todbringende Kugeln ausspeit und es etwa vierzehnjährigen Kindersoldaten erlaubt, in kürzester Zeit die Einwohner eines ganzen Dorfes, vom Baby bis zum Greis, umzumähen, ganz so als ob sie irgendwelchem Unkraut mit dem Freischneider zu Leibe rückten.

Ein Container voll Tod

Für ein Spottgeld können sich Warlords ganze Container voller Mordmaschinerie leisten und ihre barbarische Gefolgschaft in die Lage versetzen, Tod und Verderben zu säen.

Und es sind Leute wie Bout, die gegen Cash stets bereit sind, zu liefern. Schnell, diskret und zuverlässig. Zwar rüsten die Todeshändler ebenso gern den jeweiligen Gegner aus – soweit dieser solvent ist –, aber damit hat diese Sorte Gangster kein Problem, ja es entspricht vermutlich sogar ihrer eigenen perversen Vorstellung von Fairness.

Dass Bout vor Gericht kommt, ist wie gesagt zu begrüßen, dass er allerdings vor einem US-Gericht stehen wird, hat einen etwas merkwürdigen Beigeschmack.

Während des Kalten Krieges, der an den Fronten der vielen Stellvertreterkriege in der Dritten Welt alles andere als kalt war, hatten die USA gerade unter Präsident Reagan nie irgendwelche Skrupel, antikommunistische „Freiheitskämpfer“ mit all der Hardware zu versorgen, die jeweils erforderlich war, um den Regierungssoldaten linker Regimes, aber eben auch Lehrern, Gewerkschaftern, Menschenrechtlern, Genossenschaftlern, Priestern usw., usf. das Lebenslicht auszublasen.

Tausende und Abertausende Unschuldiger wurden von Rechtsradikalen ermordet, die von den USA, aber auch von Saudi-Arabien gesponsert und ausgerüstet worden waren.

Dies alles scheint heute schon weitgehend vergessen. Dabei sollten gerade die Bürger jener Länder, die derzeit Soldaten in Afghanistan an der Front stehen haben, sich daran erinnern, dass Osama bin Laden und viele seiner Kampfgenossen bis zum sowjetischen Abzug aus Afghanistan im Westen als Helden der Freiheit gefeiert wurden. Als sie aber begannen, die Hand zu beißen, die sie gefüttert hatte, war plötzlich das Entsetzen groß. Dabei hatten diese Leute – das immerhin muss man ihnen anrechnen – aus ihrem Obskurantismus, ihrem Fanatismus und ihrem Hass nie irgendwelchen Hehl gemacht.

Wie auch immer: Es ist eine vordringliche Aufgabe der internationalen Gemeinschaft, Todeshändlern wie Bout das Handwerk zu legen. Solche Waffendealer sind keine honorigen Geschäftsleute – als einer von denen sich Bout so gerne selber darstellt –, sondern vielmehr gewissenlose Massenmörder.