/ Immer wieder Doping
Mit dem letzten großen Rennen, der Tour de Lombardie, ging am Samstag die Radsportsaison 2009 zu Ende. Eine Saison, in der Luxemburg wieder einmal große Erfolge feierte. Zwar fanden bei der Tour de France keine großherzoglichen Festspiele in Gelb statt, dafür aber konnten der zweite Gesamtrang (Andy Schleck) und ein Etappensieg (Frank Schleck) gefeiert werden.
Kein Grund zum Meckern demnach, selbst wenn Rang zwei gemeinhin als erster Verliererplatz gilt und der Erfolg am 17. Teilstück auch dem Wohlwollen des späteren Gesamtsiegers Alberto Contador zu verdanken war. Andy Schleck hatte sein Meisterstück eh schon früh in der Saison hingelegt, als er in unnachahmlicher Manier den Klassiker Liège-Bastogne-Liège gewann.
So überstrahlten die Leistungen der Schlecks alles andere. Da konnte Kim Kirchen nicht mithalten. Ein Etappensieg bei der Tour de Suisse sprang für den Doyen der Luxemburger Radprofis heraus, die großen Saisonziele Ardennenklassiker, Tour de France und Weltmeisterschaften verliefen dagegen nicht zu seiner Zufriedenheit.
Kirchen wird im kommenden Jahr in einem neuen Team wieder angreifen, während es die Schleck-Brüder bei der Tour de France noch besser machen wollen als in diesem Jahr. Grund genug also für die Luxemburger Fans, sich bereits jetzt auf die kommende Saison zu freuen. Vor allem da der Streckenverlauf der Grande Boucle 2010 Andy Schleck auf den Leib geschneidert zu sein scheint. Aber auch weil Luxemburg im kommenden Jahr mit Ben Gastauer und Laurent Didier zwei weitere Profis im ProTour-Feld aufweisen kann.
Wegweisend
Geprägt wurde die Radsportsaison 2009 jedoch vor allem durch das Comeback des siebenfachen Toursiegers Lance Armstrong, der sich bei der Tour de France einen Zeitungsseiten füllenden „Zickenkrieg“ mit Teamkollege Contador lieferte. Alles war ein Thema für Armstrong, nur Doping nicht. Warum eigentlich, wenn er nichts zu verbergen hat?
Auf der anderen Seite ist die Gereiztheit der Radprofis durchaus auch verständlich. Die Radsportberichterstattung in Deutschland beschränkt sich seit einiger Zeit auf den Dopingexorzismus. Paradebeispiel war die Pressekonferenz der französischen Anti-Doping-Agentur AFLD vor einem Monat. Programm: Vorstellung der Ergebnisse der Nachuntersuchungen der Proben aus der Tour de France 2008. Die Medien überschlugen sich, Namen potenzieller Sünder wurden genannt, darunter in schöner Regelmäßigkeit auch die Schlecks und Kim Kirchen. Heraus kam freilich nichts.
Ganz im Gegensatz zur Affäre um den Deutschen Radheros Jan Ullrich. Obwohl das Bundeskriminalamt erdrückende Beweise gegen ihn gesammelt hat, behauptet Ullrich nach wie vor, nie in seinem Leben gedopt, ja, geschweige denn auch nur daran gedacht zu haben. Dabei ist offensichtlich, dass er seine gesamte Karriere lang mit verbotenen Mitteln nachgeholfen hat. Eine positive Dopingprobe im Wettkampf gab es bei ihm allerdings nie.
Der Fall Ullrich macht die ganze Problematik der Dopingbekämpfung deutlich. Die Sünder sind den Fahndern immer einen Schritt voraus. Weshalb nachträgliche Untersuchungen wie im Fall der AFLD auch so wichtig sind. Weshalb auch das Urteil des internationalen Sportgerichtshof (CAS) in Sachen Claudia Pechstein wegweisend sein wird. Die Eisschnellläuferin wurde aufgrund des auffälligen Langzeit-Profils ihres Bluts gesperrt.
Also ohne positiven Test. Vor dem CAS geht es nun um die Zukunft des indirekten Dopingnachweises und um die Frage, wer in einem solchen Fall die Beweislast trägt, Ankläger oder Angeklagter. Es geht also um die wichtigsten Errungenschaften der Dopingbekämpfung in den letzten Jahren. Kommt Pechstein mit ihrer Klage durch, dann ist das auch eine schlechte Nachricht für den Radsport, wo der Blutpass erste Früchte trägt.
Irgendwann soll schließlich Schluss sein mit dem Generalverdacht im Radsport. Was freilich nur mit der größtmöglichen Transparenz aller Beteiligten geht. Ullrich und auch Armstrong sind da keine Hilfe.