Gießkanne mal anders

Gießkanne mal anders
(AFP)

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Es klingt in Luxemburger Ohren schon komisch, wenn der EU-Kommissionspräsident seinen neuen Investitionsplan in Höhe von mindestens 315 Milliarden Euro als „Gießkanne“ preist.

Allerdings will Jean-Claude Juncker offenbar nicht ein Modell aus alten Luxemburger Tagen auf Brüssel übertragen, und das ist auch gut so. Begossen werden soll der Baum der europäischen Wirtschaftsentwicklung, der tatsächlich seit Krisenbeginn im Begriff war, abzusterben. Wenn allerdings jetzt neue Investitionsgelder fließen sollen, dann stellt sich allerdings die Frage, wofür?

Sascha Bremer sbremer@tageblatt.lu

Sah es vor einigen Wochen noch danach aus, dass durchaus die Möglichkeit bestünde, hier würden von der EU bereits existente und verplante Finanzmittel lediglich neu verpackt werden, so scheint diese Gefahr gebannt zu sein. Es wäre in der Tat nicht das erste Mal gewesen, dass auf europäischer Ebene eine solche Ankündigungspolitik betrieben werden würde – der EU-Wachstumspakt aus dem Jahr 2012 lässt in dieser Hinsicht grüßen.

Es wird jedoch kaum Sinn machen, sollten die Gelder für Projekte verwendet werden, die lediglich einen kurzen wirtschaftlichen Effekt haben. Die Infrastruktur der europäischen Krisenländer ist sehr oft in einem guten Zustand, gemessen etwa an der in Deutschland. Neue Straßenbauprojekte z.B. für die Iberische Halbinsel würden zwar den dortigen Konzernen viel Geld zuspielen und auch die Beschäftigung kurzfristig ankurbeln. Langfristig sieht dies dann wieder anders aus.

Zudem haben gerade ganz große Infrastrukturprojekte oft einen leidlichen Nebeneffekt: Kommen sie einer Region zugute, wirken sich diese aber wirtschaftlich zerstörerisch auf die Umgebung aus. Etwa indem bestehende wirtschaftliche Aktivitäten von „außerhalb“ lediglich ins Zentrum fließen, während nichts Zusätzliches geschaffen wird. Neue Werte schaffen hieße in diesem Fall, andere, bestehende Werte zu zerstören. Das Ganze kann also schnell zum Nullsummenspiel verkommen.

Wirtschaftlich unsinnig wäre es auch, wenn jetzt Projekte über diesen Weg finanziert würden, die auch über andere Wege an Geldmittel gekommen wären. Durchaus möglich, dass Gelder nicht unbedingt dort landen, wo sie tatsächlich gebraucht werden, oder irgendwo veruntreut werden.

Allerdings lässt sich bemerken, dass Europas Probleme nicht nur darin bestehen, dass die traditionellen Geldgeber kaum noch Risiken eingehen wollen: Es fehlt einfach oft an sinnvollen Projekten. Diese Tatsache spiegelt sich hauptsächlich darin wider, dass vor allem die multinationalen Konzerne auf riesigen Eigenmitteln sitzen und nicht so recht wissen, wie sie gewinnbringend in der realen Wirtschaft angelegt werden können. Oder die Investitionen werden aufgeschoben, weil das wirtschaftliche Umfeld zu riskant ist.

Ein Teufelskreis eben, den es unbedingt zu durchbrechen gilt.

Die Kommission Juncker weckt allerdings die Hoffnung, dass es diesmal richtig laufen könnte. Der übliche Schlendrian soll dadurch vermieden werden, dass nicht Politiker oder Technokraten über die Projekte befinden, sondern die Spezialisten von der Europäischen Investitionsbank in Luxemburg. Eine durchaus gute Nachricht.

(Sascha Bremer)