Geschichten, Geschichte

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1. Luxemburg wurde durch die Neuordnung Europas während des Wiener Kongresses 1815 aus dem französischen Herrschaftsverband herausgelöst. Das so entstandene Großherzogtum Luxemburg wurde Wilhelm I., dem König der Niederlande, zugesprochen.

1839 kam es mit dem Londoner Vertrag zu einer Teilung des luxemburgischen Territoriums zwischen Belgien und dem niederländischen König, die dem Großherzogtum seine heutige geografische Form verlieh. Wilhelm II. billigte Luxemburg in der Folge eine eigene Verfassung zu, und in einem erneuten Londoner Vertrag erhielt unser Land 1867 die „Neutralität auf immer und ewig“.

Roger Infalt rinfalt@tageblatt.lu

2. Im Ersten Weltkrieg (1914-1918) wurde diese vertragliche Neutralität Luxemburgs von den deutschen Truppen verletzt, da Luxemburg zum Durchmarsch im Krieg gegen Frankreich benutzt und deswegen besetzt wurde. Wegen ihrer pro-deutschen Haltung geriet die damalige Großherzogin Maria-Adelheid massiv unter Druck und dankte schließlich zugunsten ihrer Schwester Charlotte ab. Am 12. März 1919 beschloss die Regierung mit 30 gegen 20 Stimmen, dass das Volk in einem Referendum am 28. September 1919 über die zukünftige Staatsform abstimmen und sich dabei für die Beibehaltung der regierenden Großherzogin Charlotte oder der regierenden Dynastie unter einer anderen Großherzogin oder für die Einsetzung einer anderen Dynastie oder etwa für die Einführung der Republik entscheiden sollte. 77,8 Prozent der Luxemburger stimmten für die Beibehaltung der Monarchie unter Großherzogin Charlotte.

3. Am 28. April 1961 ernannte Großherzogin Charlotte Erbgroßherzog Jean zu ihrem Statthalter, wodurch er stellvertretend für seine Mutter die Amtsgeschäfte des luxemburgischen Staatsoberhauptes wahrnahm. Nach der Abdankung seiner Mutter am 12. November 1964 bestieg Großherzog Jean den Thron.

Schämen wir uns für unsere Vergangenheit?

Warum nun diese Ausflüge in die Geschichte Luxemburgs? Warum diese, hoffentlich richtigen Einzelheiten zum Großherzogtum, die so oder in einer anderen Form online oder auch in – eher seltenen – Büchern zu finden sind?

Wir wollen an drei Daten erinnern:

– Londoner Vertrag (1839) – das ist 175 Jahre her.

– Erster Weltkrieg (1914) – das ist 100 Jahre her.

– Thronbesteigung von Großherzog Jean (1964) – das ist 50 Jahre her.

Es gäbe also gleich drei Gründe, das Jahr 2014 nicht ohne Feierlichkeiten vorbeiziehen zu lassen. Doch es wird, so scheint es jedenfalls derzeit, keine zentralen Festakte geben. Für keines der drei Jubiläen. Es wird also erneut, wie es bei Gedenkfeiern hierzulande seit langen, langen Jahren der Fall ist, irgendwem überlassen, hier oder dort, in den Städten und auf dem Land das Wort zu ergreifen, irgendeine Fahne schwenken und dazu den Musikverein irgendwelche Noten spielen zu lassen, aus Unwissen heraus Geschichtsfälschung zu betreiben und was weiß der Geier zu veranstalten.

Überraschen tut diese Entscheidung im ersten Moment schon, doch – Hand aufs Herz – geht diese Haltung zu geschichtlichen Momenten aus der Vergangenheit Luxemburgs nicht mit dem einher, was diesbezüglich in unserem Unterrichtswesen und darüber hinaus seit Jahrzehnten passiert. Was wird unseren Jüngsten denn über unsere, ihre Geschichte erzählt? Was in unseren Nachbarländern passiert ist, muss gebüffelt werden und steht in Großbuchstaben auf der Tafel, doch was Luxemburg angeht … Pustekuchen!

Wollen wir wirklich weiter so sträflich mit unserer Geschichte umgehen?