„Gelbe Gefahr“, rette Europa!

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Nun soll also China Europa retten. Doch der neuerliche Versuch, chinesisches Kapital für den EFSF-Fonds zu gewinnen, ging, wegen des politischen "Hokuspokus" (dixit Zentralbankchef Yves Mersch) um die Griechenland-Rettung in den letzten Tagen, schon mal gründlich schief.

China, das bereits EFSF-Anleihen hält, lässt nun auf einmal auf sich warten. Jein, heißt es aus Peking. Man wolle zwar schon weiter Kapital nach Europa fließen lassen, aber nicht sofort. Ende November könnte man allerdings wieder darüber reden. Die Europäer, die – wenn es nach Jean-Claude Juncker geht – sie nicht wirklich brauchen, um gerettet zu werden, sie aber gerne dabei hätten, werden von den Chinesen nun zappeln gelassen.

Sascha Bremer sbremer@tageblatt.lu

Diese neuerliche Episode der europäischen Tragödie zeigt, wie schizophren unsere Einstellung gegenüber dem Reich der Mitte ist. Morgens jubeln wir über Chinas (wirtschaftlichen) Wiederaufstieg, da man so schön dort Geld verdienen kann. Mittags soll China uns retten und abends wächst die jahrzehntealte Angst vor der „gelben Gefahr“. Man braucht kein Staatsmann zu sein, um zu verstehen, dass auch hier die politische Außenwirkung katastrophal ist und Peking angesichts dieser und anderer Kakophonien in Europa lieber erst einmal auf Zeit spielt.

Ob China sich allerdings tatsächlich erlauben kann, den krisengeplagten Euro-Staaten nicht beizuspringen, ist eine andere Frage. Der Wiederaufstieg des bevölkerungsreichsten Landes führt seit nunmehr fast zwei Jahrzehnten über eine exportorientierte Wirtschaft. Die Chinesen haben also mehr als zumindest ein sehr starkes Interesse daran, der krisengeschüttelten Eurozone beizuspringen. Und sei es nur, um sich den Zugang zu einem immer noch reichen Markt nicht zu versperren, der immerhin eine halbe Milliarde Menschen umfasst.

Der reiche Onkel hat auch Probleme

Da die chinesische Währung nicht frei konvertierbar ist, müssen die Unternehmer aus dem Reich der Mitte ihr Geld bei ihrer Zentralbank hinterlegen. Die Export-Erfolge der vergangenen beiden Jahrzehnte haben in dieser Hinsicht zu einem astronomischen Anschwellen der Währungsreserven geführt, und die wollen wieder investiert werden … in amerikanische und europäische Staatsanleihen. Und damit diese nicht an Wert verlieren, müssen die jeweiligen Währungen gestützt werden. Das Abhängigkeitsverhältnis funktioniert in beide Richtungen, zumindest solange China weiter alles auf den Export setzt.

Der reiche Onkel aus Peking könnte sein Geld aber durchaus auch selber gebrauchen. Die riesigen Dimensionen in China bringen zwangsläufig riesige Gefahren und Probleme mit sich. Die Inflation führte einerseits zu einer Verknappung der öffentlichen Kreditvergabe. Andererseits hat sich so auch eine Schattenkreditlandschaft herausgebildet, die von den Behörden nur schwer kontrolliert und eingeschätzt werden kann. Viele Städte und Provinzen sind darüber hinaus hochgradig verschuldet. Bei den gigantischen Investitionen in den Ausbau eines schnellen Eisenbahnnetzwerkes sprechen Kenner bereits vom chinesischen Lehman Brothers.

Europa wäre also auch in Bezug auf China gut beraten, etwas weniger hysterisch aufzutreten. Etwas haben die Chinesen uns allerdings voraus: Die meisten ihrer Krisen aus den vergangenen 100 Jahren haben sie alleine gemeistert, ohne Beistand aus dem Ausland. Dieser „Beistand“ aus Europa und den USA wurde vielmehr als eines der Hauptprobleme angesehen.