Gefahr im Kinderzimmer

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Ein Plüschaffe, der in Flammen aufgeht, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe im Holzspielzeug, Formaldehyd im Baukasten, Schwermetall und Weichmacher im Plastikauto, verschluckbare Kleinteile, Hörschäden durch extrem lautes Spielzeug, Strangulationsgefahr durch die Kleidung der neuen Puppe: Die Kinderzimmer sind in den meisten Haushalten heute bunter und voller als je zuvor. Aber sicherer sind sie in den letzten Jahren...

Sicherheit im Kinderzimmer, das Thema beschäftigte am Mittwoch, wenige Tage vor Nikolaustag und Weihnachten, auch die Abgeordneten. Ob das Timing bewusst gewählt war oder doch eher Zufall? Die Umsetzungsfrist der EU-Direktive jedenfalls läuft noch bis Juli 2012.

Sicher, in Luxemburg wird kaum Kinderspielzeug produziert, aber ist das ein Grund, nicht oder nur lasch zu kontrollieren? Immerhin verbuchen Spielwarengeschäfte in diesen Wochen Rekordumsätze.

Dass der zuständige Minister offen einräumt, die nationale Kontrollinstanz sei materiell und personell überfordert, ist zwar ehrlich, aber nicht gerade vertrauensbildend.

Gerade in Krisenzeiten, wenn der Nikolaus und seine irdischen Helfer genauer auf das Budget achten müssen, wird es gefährlich. Denn billig steht – nicht nur, aber vor allem bei Spielsachen – traditionell für Fernost, mit an erster Stelle China und Hongkong.

Die Gefahr ist seit der Schaffung des europäischen Meldesystems für gefährliche Produkte, Rapex, im Jahr 2003 zwar erkannt, aber gebannt ist sie noch lange nicht.

Gleich zweimal, im Januar und im November, hat sich die Berliner Stiftung Warentest in diesem Jahr mit der Sicherheit von Kinderspielzeug befasst. Das Ergebnis ist erschreckend. Von 50 untersuchten Spielzeugen gab es nur bei acht nichts zu beanstanden.

Erschreckende Zahlen

Die Zahlen liegen allerdings in der Linie von Rapex: Allein 2009 wurden dort fast 2.000 gefährliche Artikel gemeldet. Ein Drittel davon betraf Spielwaren. Und von diesen 472 gefährlichen Spielwaren kamen 60 Prozent aus China. Ein seit Jahren konstanter Anteil. Dies obwohl inzwischen eine spezielle Task-Force der EU mit den großen chinesischen Produzenten zusammenarbeitet.

Was so alles an gefährlichen Spielwaren und anderen Dingen auf ihn und seinen Nachwuchs wartet, kann der Verbraucher übrigens im Internet* nachlesen. Leider nur in Englisch. Aber Konsumenten- und Bürgernähe war leider noch nie eine besondere Stärke der EU-Politik. Allein für die Kalenderwoche 47 werden auf der Rapex-Seite 24 gefährliche Produkte gemeldet, davon elf, die in China produziert wurden.

Doch trotz aller reglementarischen und gesetzlichen Bestimmungen: Oft ist der Hersteller oder Importeur gar nicht zu ermitteln. Und damit auch nicht strafrechtlich zu belangen. Auch Prüfzeichen sind nicht unbedingt eine Garantie, wie die Berliner Warentester feststellen mussten. Auch unter teuren Marken gibt es immer wieder Ausrutscher, so die Schlussfolgerung der Tester. Aber generell stehen bekannte Marken für Qualität.

Wenn es um ein unersetzliches Gut wie die Gesundheit der Kleinsten geht, ist Geiz sicherlich ein schlechter Ratgeber.

Billiges Spielzeug macht keine Freude, nicht den eigenen Kindern und ganz sicher nicht den Menschen – darunter leider allzu oft auch Kinder –, die es am anderen Ende der Welt produzieren müssen. Zu Löhnen und unter Arbeitsbedingungen, die wir uns hier nur schwer vorstellen können. Auch daran sollten wir denken, wenn wir in diesen Tagen auf Schnäppchenjagd gehen.