Die Regierungsdisziplin wird so zur offiziellen Linie der LSAP. Es ist eine Kompromissposition ohne eigenes Profil und in der Sorge, ein treuer Regierungskoalitionär zu sein. Auch zur Rentenreform kommen keine originellen, sozialistischen Ansichten, welche die Menschen überzeugen könnten.
Der Spielraum bleibt in dem Rahmen der von der EU vorgegebenen Verschlechterungsstrategien im Rentenwesen, worüber sich die Versicherungsindustrie freut.
Profilprobleme der LSAP
Ansätze, welche die Produktivitätssteigerungen in den Betrieben, die enormen Gewinnzuwächse, die Erträge aus Kapitalanlagen, die eine Bankensteuer zur Finanzierung der Renten- und der Sozialsysteme heranziehen würden, sind tabu.
Die aktuelle Politik mit Steuererhöhungen und Sondersteuer, Patientenmehrbeitrag im Gesundheitswesen, Aussetzen der Indexauszahlung, Verzögerung der Rentenajustements, Erhöhung kommunaler Taxen wie der Wasserpreis, richtet sich vor allem gegen die eigene Wählerschaft. Die sieht eigentlich überhaupt nicht mehr, was an der aktuellen Regierungspolitik noch sozialistisch sein soll.
Die LSAP-Führung bringt die Partei bei künftigen Wahlen in die von Premier Juncker zugedachte Rolle des Prügelknaben. Auch in gesellschaftspolitischen Fragen – gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Förderung der Frauen in verantwortlichen Positionen, Abtreibungsgesetz, Rechte von Gleichgeschlechtlichen und Adoption usw. – kommt die LSAP meist nicht aus dem Fahrwasser der CSV heraus.
Orientierungslose Führung?
Das RTL-Interview von Lucien Lux vom 3. Mai 2011 hat nicht unbedingt zur Klärung der Haltung der LSAP-Führung beigetragen. Um der Kritik an der LSAP entgegenzutreten, feuerte er eine volle Breitseite auf Budgetminister Luc Frieden. Er kritisierte den Budgetminister zu Recht und warf ihm vor, mit einer demagogischen Dramatisierung eine Kulisse für künftigen Sozialabbau aufzubauen.
Er übersieht aber, dass auf der besagten Pressekonferenz der sozialistische Wirtschaftsminister Jeannot Krecké neben CSV-Minister Frieden stand. Es sah nicht so aus, als hätten die beiden mit der Dramatisierung der Wirtschaftslage gravierende Meinungsverschiedenheiten. Auf die Kritik der Gewerkschaften und der Stellungnahme von Dan Kersch angesprochen, setzte Lucien Lux sich nicht inhaltlich mit den hervorgebrachten Positionen auseinander. Er stufte die parteiinterne Kritik als Masochismus ab. Erstaunlich und besorgniserregend war jedoch sein Lob an die CSV. Diese brächte es fertig „vom Bankenlobbyisten Lucien Thiel bis zum Herzjesukommunisten Robert Weber“ alle unter einen Schirm zu bekommen, ohne dass parteiinterne Kritiken nach außen dringen würden.
Wie steht es mit der innerparteilichen Demokratie in der LSAP? Wie steht es mit der oft hervorgehobenen Streitkultur in der LSAP? Sind etwa gewerkschaftliche Positionen innerhalb der LSAP krankhafter Masochismus? Es ist zumindest eine merkwürdige Form der parteiinternen Auseinandersetzung, die hier an den Tag kommt. Inhaltlich sagen die Verantwortlichen der LSAP nichts, denn es könnte verfänglich sein. Die größte Befürchtung der LSAP-Spitze, noch größer als eine Wahlniederlage, wäre es, dass eine deutliche Sprache zu einem Regierungsbruch führen könnte.
Es ist an der Zeit
Die Zeit ist gekommen, diese Politik, die in eine falsche Richtung führt, auch so zu benennen. Diese falsche Politik verschafft vielen sehr engagierten, sozialistischen Kommunalpolitikern auch nicht den Rückenwind, den sie für die Kommunalwahlen bräuchten. Als Sozialisten sind sie in Gesprächen über landespolitische Themen mit den Bürgern sehr schnell am Ende mit ihrem Latein. Die Konsequenzen dieser falschen Spar- und Austeritätspolitik werden die Kommunalpolitiker immer mehr in ihrer täglichen Praxis erleben.
Es ist an der Zeit, mit unseren natürlichen Verbündeten, dem OGBL, aber darüber hinaus mit der gesamten Gewerkschaftsbewegung, gemeinsame Haltungen zu entwickeln, welche die neoliberalen Angriffe aus Politik und Wirtschaft abwehren. Wichtige Partner für uns Sozialisten sind aber auch die Zivilgesellschaft, die Umweltbewegung und Bürgerbewegungen, deren Belangen wir uns annehmen müssen.
In Deutschland, in Frankreich, in England, in vielen Ländern haben wir es gesehen, in welche Sackgasse es führt, wenn Sozialisten oder Sozialdemokraten sich in neoliberaler Politik versuchen. Das Ausland zeigt uns auch, dass wenn es für den Wähler zu diesem Raubtierkapitalismus keine Alternative mehr gibt, antidemokratische und rechte Demagogen auf die Gunst der Stunde warten. Der politische Autismus verschiedener LSAP-Verantwortlicher führt auch uns Luxemburger Sozialisten in eine Sackgasse. Es gibt immer mehr Kolleginnen und Kollegen, die diese kritische Haltung teilen.
Ich werde an deren Seite diese parteiinternen Auseinandersetzungen führen und werde aber auch in meinen öffentlichen Funktionen gegen die Aushöhlung des Sozialstaates kämpfen.
De Maart

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