Fromme Mörder

Fromme Mörder
(Reuters)

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Es mangelt zurzeit ja nun wahrlich nicht an schlechten Nachrichten: Ukraine, Argentinien, Ebola sorgen für traurige Schlagzeilen, doch die größte Katastrophe dürfte sich gegenwärtig in der arabischen Welt abspielen.

Noch ist Gaza von den Israelis nicht restlos zu Klump gebombt, und noch denken die Hamas-Extremisten nicht eine Sekunde daran, ihren Traum von der Vernichtung des jüdischen Staates aufzugeben.
Gazas Zivilisten, allen voran die Kinder, zahlen einen schrecklichen Preis für den Fanatismus der politischen Führungen auf beiden Seiten. Das „Heilige“ Land versinkt zusehends in der Barbarei. Gaza verkommt endgültig zu einem riesigen Gefängnis-Slum. Wobei die nach nur wenigen Stunden zusammengebrochene Waffenruhe deutlich gemacht hat, dass das Ende dieses Albtraums für die geschundenen Gazaouis noch nirgendwo in Sicht ist.

fwagner@tageblatt.lu

Der tiefste Abgrund an Barbarei tut sich aber derzeit in Syrien und im Irak auf. Die Obskurantisten von der Islamisten-Sekte ISIS zeigen einen Grad der Verrohung und Unmenschlichkeit, der einen an die Khmer Rouge denken lässt.
Jeder Andersdenkende, bzw. jeder, der auch nur unter Verdacht steht, der besonders primitiven Spielart des Islamismus, wie ihn die ISIS predigt, nicht untertan sein zu wollen, riskiert, auf viehische Weise abgeschlachtet zu werden.

Freudloser Gottesstaat

Die Mordbuben haben es sich dann auch noch zur Angewohnheit gemacht, Videos ihrer Untaten auf YouTube zu posten – eines ihrer ganz wenigen Zugeständnisse an die moderne Welt.
Nun gibt es Leute, die behaupten, alles sei nur halb so schlimm, da sich die sunnitischen Stämme der ISIS bedienen würden, um die Armee der schiitischen Maliki-Regierung zu vertreiben, nur um danach selbst wieder das Heft in die Hand zu nehmen.

Das erinnert einen dann doch an den Fall jener Konservativer, die sich vor 80 Jahren einbildeten, sich der Nazis bedienen zu können, um der Kommunistenplage Herr zu werden: Das ging bekanntlich ebenfalls gehörig schief.
Und im Falle der ISIS darf man davon ausgehen, dass diese bitter entschlossen sind, die Macht mit niemandem zu teilen. Allein schon deswegen, weil derlei den Anfang ihres eigenen Untergangs bedeuten würde.

Denn die ISIS, die selbst den Erzfanatikern der Al-Kaida zu radikal und zu grausam zu sein scheint, wird von zahlreichen Sunniten verabscheut: Die meisten von ihnen haben – auch als praktizierende Gläubige – denkbar wenig Lust, ihr Dasein in jener Sorte von freudlosem und lustfeindlichem Gottesstaat fristen zu müssen, wie ihn die Islamisten dem Rest der Menschheit aufzwingen wollen.
Der selbsternannte „Kalif“ Al-Bagdadi, der nicht einmal über ein abgeschlossenes Theologiestudium verfügt, hat jedenfalls absolut keine Chance, die Schar der sunnitischen Gläubigen hinter sich und seiner ultrafrommen „Murder Inc.“ zu vereinen.

Francis Wagner