Waffen

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„Waffen gegen den Krieg ist wie Schnaps gegen den Alkoholismus.“ – William Booth (1829-1912), britischer Prediger, Gründer und erster General der Heilsarmee

Von Frank Bertemes

Waffen. Ein Reizthema für jeden Pazifisten. Aber nicht nur … In den USA ist die Debatte um die Waffenproblematik heuer wieder einmal aktuell. Leider. Mit der immer wieder aufflammenden Diskussion um die Frage, die man sich allerdings nicht nur in den USA stellt: Wann, wenn nicht jetzt? Wie oft ist diese Frage schon gestellt worden – jedes Mal von Neuem, wenn wieder einmal ein Amokläufer Unschuldige niedergeschossen hat. Nach Columbine 1999, nach Sandy Hook 2012, nach Las Vegas im vergangenen Jahr. Und jetzt wieder, nach Parkland im Februar dieses Jahres. Jedes Mal verhallen die Appelle ungehört. Jedes Mal blocken vor allem republikanische Politiker jeden Versuch einer längst überfälligen Verschärfung der laxen US-Waffengesetze ab. Die Schülerinnen und Schüler von Sandy Hook hatten keine Lobby und keine Stimme. Die Menge der Konzertbesucher in Las Vegas war zu diffus, um sich zu formieren. Erst die High-School-Studenten von Parkland entwickeln die Kraft und die Energie, gemeinsam und geschlossen Protest zu artikulieren. Sie argumentieren eloquent und schlüssig. Sie bieten der Waffenlobby die Stirn. Und all jenen Politikern, die sich von der mächtigen National Rifle Association schmieren und kaufen lassen. „Die Kinder von Parkland wirken sehr erwachsen. Die Erwachsenen am Gängelband der NRA ziemlich kindisch.“ So ein inhaltlich absolut zutreffender, bestens formulierter rezenter Kommentar des Deutschlandfunks und dazu der kommentierende Journalist schlussfolgernd: „Parkland markiert eine Zäsur. Nein, es geht nicht um den allerletzten Rest der politischen Glaubwürdigkeit dieses amerikanischen Präsidenten. Es geht um die Glaubwürdigkeit der Politik und der politischen Elite insgesamt. Und am Ende um den sozialen Frieden in einem zutiefst gespaltenen Land.“

Kollektiver Aufschrei

In der Tat ist man zu einem weltweiten, kollektiven Aufschrei quasi schon verpflichtet: Schämt euch! Wer sollte wahrlich auch authentischer anklagen können als diese jungen Leute? Sie, die das Attentat überlebt und schon allein deshalb die Moral auf ihrer Seite haben? Statt leerer Worte und abgegriffener Betroffenheitsrituale, die allerdings nicht nur in den USA bestens „gepflegt“ werden, und bevor man nach ein paar Trauerfloskeln und zur Schau gestellter Nationaltrauer – wie erst kürzlich noch in Frankreich nach dem Attentat in Carcassonne – nach medial wirkungsvoll inszenierten Politauftritten und staatstechnisch orchestrierter Volkstrauer dann schnell wieder zur Tagesordnung übergeht, fordern die Schüler der Highschool von Parkland glaubwürdig konkrete Konsequenzen. Eine Sammelbewegung, die völlig berechtigt endlich Taten sehen will. Und es ist gut, dass ihnen auch Prominente den Rücken dabei stärken.

Die Waffendebatte wird jedoch nicht nur in den USA geführt, auch wenn dieses Land diese natürlich immer wieder aus leider sehr verständlichen Gründen zu beflügeln versteht. „Das Recht auf Waffenbesitz ist in der amerikanischen DNA drin“, sagt dazu der Politikwissenschaftler Christoph Haas, der sich an der Uni Freiburg mit dem politischen Denken in den USA beschäftigt. Quasi eine heilige Kuh sei das „Second Amendment“, der zweite Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung, in dem das Recht auf Besitz und Tragen von Waffen verankert ist. „Das wird sich nie ändern, die Frage ist aber, wie dieser Zusatzartikel künftig interpretiert wird, wenn es darum geht, welche Art von Waffen die Bürger besitzen dürfen“, so Haas. Egal wie, wahrlich bedenkliche Aussichten …

Wenn es allerdings um das Thema Waffen generell geht, so sollten wir Europäer jedoch nicht so tun, als ob uns diese Debatte nichts anginge. Auch wenn hier glücklicherweise nicht jeder freie Bürger seine persönliche Sicherheit in dem Sinne in die Hand nehmen kann, indem er in völliger legaler „Freiheit“ einen Colt locker in derselben schwingen darf. Um die Chose einmal lapidar auszudrücken … Und wenn man sich mit dem ominösen Thema „Waffen“ beschäftigt – und dieser Beitrag kann natürlich in diesem Sinne verstanden auch nur bescheiden sein – so kommt man jedenfalls und ebenfalls nicht um die Frage des Waffenhandels herum. Und dann natürlich die Waffenproduzenten, vor denen auch unsere europäische Politkaste als Lakaien der bestens florierenden Waffenindustrie und ihrer Lobby katzbuckelt, ein völliges Tabuthema in der öffentlichen Debatte, verbunden mit der Fragestellung: Kann Waffenhandel ethisch vertretbar sein? Und natürlich auch jene um den „gerechten Krieg“, ein Dauerbrenner in der philosophischen Diskussion. Denn seit es die Philosophie gibt, wird darüber diskutiert: Gibt es gerechte Kriege, gibt es Konfliktlösungen mit Waffengewalt, die moralisch erlaubt, ja geboten sind? Und wie steht es eben mit dem Waffenhandel, mit den Rüstungsexporten in kriegführende Länder – kann so etwas moralisch vertretbar sein? Ja, sagen die einen, denn ein Volk, das sich gegen einen Aggressor kriegerisch zur Wehr setzt, darf auch mit Waffen unterstützt werden. Nein, sagen die anderen, denn sie lehnen als Pazifisten jede Form von Rüstungsexporten ab. Diese beiden Positionen bilden die extremen Pole, zwischen denen sich die philosophische Debatte um den gerechten Krieg bewegt – und der die Gemüter der Philosophen wohl ewig erhitzen wird …

Diskussionstabu

Doch im Rahmen einer Gesamtdiskussion um das erschöpfende Thema der Waffen zurück zur bitteren Realität. Dies anhand eines Fallbeispiels, das heuer in Deutschland für Diskussionsstoff sorgt: Alle 14 Minuten stirbt ein Mensch durch deutsche Waffen – und es könnten durchaus noch mehr werden! Nicht mehr lange und Deutschland ist Exportweltmeister von Kleinwaffen – natürlich ein absolutes politisches Diskussionstabu. Mit einer aktuellen Petition fordert das Kinderhilfswerk „Terre des hommes“, die tödlichen Waffenexporte zu stoppen. Dazu Innocent Opwonya, ein damals wahrlich unschuldiger Junge, der schon mit zehn Jahren von der „Lord Resistance Army“, pikanterweise also der „Widerstandsarmee des Herrn“ – „Gottes“ Wege sind eben unergründlich – in Uganda zum Kindersoldaten gemacht wurde: „Die meisten der Waffen, mit denen wir kämpften, kommen aus Europa und den USA!“ Weltweit werden übrigens 250.000 Kinder (!) als Soldatinnen und Soldaten missbraucht. Es interessiert uns kaum! „Gottes Truppen“ kannten auch mit dem damals zehnjährigen Jungen Innocent kein Pardon: Man setzte ihn unter Drogen, gab ihm ein leichtes Gewehr in die Hand und schickte ihn in den Krieg! Er hatte allerdings Glück, er konnte fliehen. Heute lebt der 28-Jährige in der Bundesrepublik und organisiert den friedlichen Protest gegen die, die Kinder als Soldaten einsetzen und Waffen exportieren. Waffen, ohne die diese Konflikte und Kriege weltweit überhaupt nicht geführt werden könnten.

Waffen …

95 von 100 Kriegstoten, so die Kinderorganisation, sterben durch sogenannte Kleinwaffen, wie Maschinenpistolen und Sturmgewehre. In der Realität sind das die Massenvernichtungsmittel des 21. Jahrhunderts … und Deutschland ist der viertgrößte Exporteur weltweit!

„Der Mensch erfand die Atombombe, doch keine Maus der Welt würde eine Mausefalle konstruieren.“ So Albert Einstein.

Nein, so dumm kann nur der Mensch sein …

roger wohlfart
18. April 2018 - 9.01

Genau so ist es. Dem ist nichts hinzuzufügen.Und dieses verrückte Aufrüsten wird unweigerlich in einem Desaster enden. Die Menschheit hat nichts hinzugelernt. Cqfd.