Investieren gegen den Klimawandel

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Von Hans-Jörg Naumer*

Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Ökologie galten lange Zeit als Gegner der Finanzwelt – als lästige Hemmnisse bar jeder Finanzlogik. Das ist jedoch heute nicht mehr der Fall. Gutes tun und Rendite erzielen, müssen kein Gegensatz sein.

Das Akronym ESG steht für die Oberbegriffe „Environmental“ (Umwelt), „Social“ (Gesellschaft) und „Governance“ (genauer „Corporate Governance“, also Unternehmensführung). Begriff und Konzept für die ESG-Kriterien wurden 2004 erstmalig von der „Global Combat Initiative“ der Vereinten Nationen eingeführt.
Ziel war es, Analysten wie Anlegern ein Set an Normen an die Hand zu geben, die auf den „Six Principles for Responsible Investment“ der Vereinten Nationen basieren. Diese Kriterien haben über die letzten Jahre einen deutlichen Bedeutungszuwachs bei der Kapitalanlage erlebt.

ESG bezogene Investments sind längst der Investmentnische entwachsen. Dies verdeutlicht nicht nur das gestiegene Volumen der Gelder, die danach verwaltet werden, sondern auch die intensivierte Forschung rund um diese Form der Kapitalanlage. Gelder, die nach den Prinzipien verantwortungsvollen Investierens der Vereinten Nationen verwaltet werden, belaufen sich auf ca. 68 Billionen US-Dollar – die Hälfte der global verwalteten, institutionellen Gelder.

Das führt zu der Frage, ob es sich am Ende auch lohnt, nachhaltig zu investieren. Im Optimalfall wäre nachhaltiges Investieren kein Nachteil sondern ein „Mehr“ für die Kapitalanlage.

Aber: Wie wirkt sich ESG auf die Kapitalanlage aus? Die Fülle der auf CSR/ESG bezogenen Studien lässt sich vor dieser Frage grob in zwei Ansätze untergliedern: einerseits die Untersuchung der Auswirkungen von CSR-Praktiken auf die Unternehmen und andererseits das Durchleuchten möglicher Performanceauswirkungen für die Investoren.

Die Unternehmensperspektive

Die vermutlich umfangreichste Studie zum Zusammenspiel von ESG und dem finanzwirtschaftlichen Ergebnis der Unternehmen stammt von Friede, Busch und Bassen. Diese Metaanalyse greift auf insgesamt 2.200 Studien zurück, die seit den 1970er Jahren bis heute erstellt wurden. Sie begibt sich auf die Ebene der Primär- und Sekundärdaten dieser Studien und stellt in der überwiegenden Zahl der Fälle (ca. 90 % der Studien) einen nicht-negativen Zusammenhang fest. Bei ca. 60 % der Studien würde dabei ein klar positiver Zusammenhang zwischen CSR und CSP erhoben, d. h. die Firmenergebnisse werden positiv beeinflusst. In weniger als 10 Prozent aller Studien wurde ein negativer Zusammenhang festgestellt.

Friede et al. unterscheiden dabei in zwei Varianten: Erstens sogenannte „Vote-Count-Studien“ („Zählstudien“), bei denen Metastudien, auf die sie zurückgreifen, die Ergebnisse von Primärstudien lediglich zählen („positiv“, „negativ“, „neutral“).
Zweitens Metaanalysen, welche auf die den Primärstudien zugrunde liegenden ökonometrischen Schätzungen zurückgreifen und diese zu einer Gesamtanalyse aggregieren. Beide Analyseansätze führen jedoch zu dem gleichen Ergebnis, wobei es zu Abweichungen zwischen den einzelnen Assetklassen kommt. Auf der Grundlage der Zählstudien zeigt sich bei Anleihen und Immobilien gegenüber Aktien ein noch deutlich positiverer Einfluss von ESG-Faktoren auf die Finanzperformance, wobei die Analyse von den Aktien dominiert wird.

Wird nach Ländern unterschieden, zeigt sich für die aufstrebenden Länder das mit Abstand positivste Verhältnis von ESG und CSP. Dies war zu erwarten, da in Schwellenländern die Schutzrechte der Investoren schwächer sind als in den Industriestaaten. Damit tragen freiwillige ESG-Maßnahmen am deutlichsten zur Senkung des Investorenrisikos bei.
Dies unterstreicht auch die Feststellung von Friede et al., den „Governance“-Maßnahmen aus dem Dreiklang „E-S-G“ komme die insgesamt größte Bedeutung zu. Auffällig ist in diesem Kontext zudem, dass die meisten wissenschaftlichen Studien für die Schwellenländer einen positiven Beitrag feststellen.

Die Investorensicht

Auf Ebene der Investoren kommt die Gesamtsicht der Studie von Friede et al. zu einem etwas weniger beeindruckenden, aber dennoch positiven Ergebnis. Vor der Fragestellung, ob sich ESG-Faktoren auch in einer für die Investoren besseren Performance bei der Kapitalanlage niederschlagen, zeigen sie: Der Anteil der Studien, die zu einem negativen Zusammenhang von CSR und Investment-Performance kommen, liegt bei ca. 10 Prozent.
Allerdings ist der Anteil der Studien mit einem neutralen oder gemischten Ergebnis höher als im Falle der auf die Unternehmen bezogenen Studien. Der Anteil von Studien, die zu einem eindeutig positiven Zusammenhang kommen, ist geringer und liegt bei ca. 16 Prozent der Portfolio basierten Studien. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Portfolien nach sehr unterschiedlichen Investmentansätzen allokiert werden, was die Ergebnisse verzerrt.

Insgesamt kommen Friede et al. bei ihrer umfassenden Auswertung der ESG bezogenen Studien zu dem Ergebnis, langfristig verantwortungsvolles Investieren sei für alle „rationalen Investoren“ zur Erfüllung ihrer fiduziarischen Pflichten von Bedeutung.
Die Allokation mit Bezug auf ESG-Kriterien bei der Titelauswahl zeigt: Gutes tun und Rendite erzielen, müssen kein Gegensatz sein. Im Gegenteil.

* Der Autor ist Analyst von Allianz Global Investors.