Afrikanische Frauen ganz vorn

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Afrika hat eine lange Geschichte starker Frauen. Aber das kann eine große Herausforderung für die jungen Frauen des Kontinents sein, da es noch immer große Hindernisse auf dem Weg zum Erfolg gibt. Wenn die afrikanischen Länder – und die afrikanischen Frauen – ihr Potenzial erfüllen sollen, muss sich dies ändern.

Von Shona Bezanson und Peter Materu*

Frauen waren bei dem Kampf gegen die Kolonialherren ganz vorn dabei. Königin Anna Nzinga, die Monarchin der Königreiche Ndongo und Matamba im heutigen Angola, hat sich Jahrzehnte für den Schutz ihres Volkes vor den Portugiesen und ihrem expandierenden Sklavenhandel eingesetzt. 1900 führte Yaa Asantewaa, die Königin Mutter des Ashanti-Imperiums (Teil des heutigen Ghana), eine Rebellion gegen den britischen Kolonialismus an. Fast drei Jahrzehnte später organisierten Frauen im Südosten Nigerias eine Revolte gegen die Kolonialpolitik der Briten. Die Revolte ging als die Aba-Frauenaufstände in die Geschichte ein.

In jüngerer Zeit führte Ellen Johnson Sirleaf – eine Friedensnobelpreisträgerin – ihr Land nach einem zehn Jahre währenden Bürgerkrieg in die Versöhnung und Erholung. Nebenbei hat sie es auch noch mit einem verheerenden Ebola-Ausbruch aufgenommen. Die ehemalige Gesundheitsministerin Ruandas Agnes Binagwhao hat ihre Karriere dem Zugang zur allgemeinen Gesundheitsversorgung in ihrem Land und darüber hinaus gewidmet. Als Heranwachsende ließ sich Kakenya Ntaiya auf eine Genitalbeschneidung ein (ein traditionelles Initiationsritual der Maasai), im Gegenzug dafür erhielt sie eine Ausbildung. Nach Erhalt des Doktortitels in Pädagogik gründete sie Kakenya’s Dream, eine Organisation, deren Ziel die Erziehung von Mädchen, die Beendigung schädigender traditioneller Praktiken und die Förderung ländlicher Gemeinschaften in Kenia ist.
Und dennoch werden Frauen in Afrika heute überall systematisch und früh daran gehindert, in Führungspositionen aufzusteigen. Es beginnt zu Hause, wo von Mädchen erwartet wird, dass sie mehr Verantwortung übernehmen und Aufgaben wie Kinderbetreuung, Kochen und Wäschewaschen erledigen. Das und andere Faktoren untergraben das Bildungsniveau der afrikanischen Mädchen: 47 Prozent beenden die Schule nicht oder gehen nie hin.

Unbezahlte Haushaltsarbeit

Der Lebensweg der Mädchen wird nicht einfacher, wenn sie älter werden. Von eingeschränkten Landrechten bis hin zu der allgegenwärtigen Erwartung, dass sie den Großteil der unbezahlten Arbeit im Haushalt erledigen: Afrikanische Frauen und ihre Entwicklung stehen vor großen wirtschaftlichen, rechtlichen und kulturellen Hindernissen. Nach Angaben des Gender Gap Report des Weltwirtschaftsforums hat die Sahelzone die Unterschiede der wirtschaftlichen Befähigung nur um 68 Prozent ausgeglichen, die Wahrscheinlichkeit, dass Frauen arbeitslos werden, unterbeschäftigt sind oder sich in prekären Arbeitsverhältnissen im informellen Sektor befinden, ist wesentlich höher als bei Männern.

Aber obwohl die Hindernisse für den Aufstieg der Frauen in Führungspositionen gewaltig sind, sind sie dennoch nicht unüberwindlich. Ob in der Politik oder im Gesundheitswesen, im Recht oder in der Technik, afrikanische Frauen zeigen der Welt, wie man das Führungspotenzial von Frauen freisetzt.

In Uganda sorgt Favourite Regina dafür, dass Flüchtlingsmädchen nicht in frühe Ehen und ungewollte Schwangerschaften geraten. Das ist Teil einer Initiative von Ciyota, einer Organisation, die in der Flüchtlingssiedlung Kyangwali gegründet wurde, von Jugendlichen geleitet wird und auf Freiwilligenbasis beruht. In Nigeria beschäftigt Blooming Soyinka bei Africa Blooms ein halbes Dutzend wirtschaftlich herausgeforderter und behinderter Kunsthandwerker. Damit schafft sie Bedingungen für die Mitarbeiter und ihre Familien, in denen sie sich entwickeln und ihre Kinder zur Schule schicken können. In Kenia entwickelt Fanice Nyatigo MammaTips, eine App, die junge Mütter zeitnah mit Informationen zu Schwangerschaft, Stillen, Impfungen und anderen wichtigen Gesundheitsfragen versorgt. Das sind junge Leute – alles Abgänger der Mastercard-Stiftung –, die noch von sich reden machen werden, denn sie beginnen gerade damit, ihr Führungspotenzial zu entfalten.
Afrika braucht mehr solcher bemerkenswerter Frauen. Und obwohl die Forschung zum Thema Förderung von afrikanischen Frauen in Führungspositionen nicht viel hergibt, geht doch aus den frühen Erkenntnissen des Forschungsprogramms hervor, dass junge afrikanische Frauen verschiedene Wege einschlagen können, die wir wiederum unterstützen können, um ihren berechtigten Platz unter den Führungspersönlichkeiten ihres Kontinents einzunehmen.

Ausbildung allein reicht nicht aus

Da wäre zunächst einmal die Tatsache, dass Ausbildung wichtig ist, aber nicht ausreicht. Spezielle Programme für junge Frauen in Führungspositionen sind auch wesentlich.
Junge Frauen brauchen Chancen, um ihre Führungsqualitäten zu erproben, und zwar überall, in der Schule, am Arbeitsplatz oder in der Gemeinschaft. Und sie brauchen Unterstützung, damit sie diese Fähigkeiten verfeinern, Netzwerke ausbilden und Hilfe erhalten können.

Darüber hinaus ist die Anerkennung der Talente und des Potenzials von jungen Frauen notwendig, um ihr Selbstvertrauen zu stärken und ihr Profil über ihre unmittelbare Umgebung hinaus bekannt zu machen. Mentoren und Vorbilder – besonders weibliche – sind auch äußerst wertvoll.

Das ist nicht nur eine Aufgabe für afrikanische Regierungen und lokale NGOs. Alle politischen Diskussionen auf globaler Ebene in Bezug auf Bildung, Umwelt, Wissenschaft und Gesundheit müssen ausdrücklich darauf eingehen, wie Frauen in Führungspositionen gefördert werden können.

Die jungen, ehrgeizigen Frauen Afrikas werden oft von dem Wunsch geleitet, etwas für ihre Gemeinschaften zu tun, zurückzugeben. Wir sollten ihnen helfen, genau das zu tun. Wenn wir jungen Frauen die richtige Hilfe geben, werden sie ihre Gemeinschaften, ihren Kontinent und die Welt verändern. Sie werden sich von ethischen Prinzipien, von ihren gemeinsamen Werten, der Leidenschaft für die Gemeinschaft und dem Willen, eine bessere Zukunft aufzubauen, leiten lassen.

Für diejenigen von uns, die an ihr Potenzial glauben, ist es ein Privileg, sie auf diesem Weg zu begleiten.

Aus dem Englischen von Eva Göllner. Copyright: Project Syndicate, 2018.

* Führungskraft und Direktor für Bildung und Lernen sowie Daseinsvorsorge bei der Mastercard-Stiftung