/ Es muss gewusst sein

Vor einer Diskussionsrunde, die zu richtungsweisenden Entscheiden kommen soll, ist dieser Standpunkt keineswegs skandalös.
Man sollte nie vergessen, dass alle politischen und sozialen Systeme letzten Endes nur Instrumente des ewig währenden Umverteilungskampfes sind, in dem die gebündelten Kräfte der Gesellschaft sich messen.
Dem Streben nach Profitmaximierung steht, in der modernen Marktwirtschaft, die Forderung politischer Parteien und Gewerkschaften nach sozialer Gerechtigkeit gegenüber, die der Staat maßgeblich gewährleisten kann. Wenn er das Geld dafür hat!
Das ist die Kernfrage, hier und jetzt in Luxemburg.
Hat der Staat das Geld, das er braucht, um langfristig eine Umverteilung der Steuermittel im Sinne der politischen, kulturellen und sozialen Gerechtigkeit zu garantieren, wie es ihm in der Vergangenheit einigermaßen glückte?
Ist er auf dem Weg in die strukturelle Verarmung,unser Staat, weil der ihn zu einem guten Drittel tragende Finanzplatz wegen der kriminellen Misswirtschafteiniger Megabanker Schaden erlitt? Solcher, die vor Gericht gehörten, anstatt schon wieder Bonusse zu schöpfen?
Aber nein.
Wie grundsolide Luxemburg gegenwärtig ist, wie leicht zu führen im Vergleich zu den Nachbarstaaten, zeigen die Zahlen, die dem Finanzminister in den Schoß fallen. Er hatte am 31. Dezember 2009 nur 3 Prozent weniger Einnahmen als im guten Jahr 2008, und sogar 11,5% mehr als 2007.
Von einem Wachstum von 11,5% in zwei Jahren können Betriebschefs außerhalb Chinas nur träumen.
Wir möchten, damit es gewusst sei, endlich, die unanfechtbaren Zahlen nennen.
Folgende sind es: Am 31. Dezember 2007 hatte der Staat 7,990 Milliarden Euro Steuern und Taxen eingefahren; am selben Tag, 2008, waren es 9,672 Milliarden, und 2009 nur 270 Millionen weniger, 9,402 Milliarden. Sollte es, bei diesem Inkasso, überhaupt ein Defizit geben, so wäre dieses sehr erklärungsbedürftig.
Unser Finanzminister, so nüchtern und kühl er zu wirken versucht, ist ein typischer Polit-Trickynicky.
Er vergleicht das, was er 2009 als Geld bekam, nicht mit dem Geld, das 2008 und 2007 auf die Staatskonten floss, sondern mit seinem Etat, seinem Haushalt, den er im Herbst 2008 vorstellte, wohlwissend, dass die Weltwirtschaft in eine nie da gewesene Krise gestürzt war, welche seine Vorlage zur Makulatur hätte machen müssen.
Jetzt ist klar, warum.
Sein schon im Herbst 2008 von allen Beobachtern als unrealistisch erkanntes Zahlenwerk bietet ihm heute die Gelegenheit, eine dramatische Verschlechterung der Staatsfinanzen vorzutäuschen und dem an morgen, nicht an übermorgen denkenden Teil des Patronats in die Hand zu spielen. Er operiert mit dem unzulässigen Vergleich zwischen seinem von der Krise überholten Budget 2009, welches auf einem Wirtschaftswachstum von 3% fußte, und dem (provisorischen) Einnahmen-Abschluss des Jahres.
Soziale Weichen gehören gestellt
Für uns ist die Tatsache, dass nicht ausdrücklich auf diesen Hintergrund verwiesen wurde, eine Gaukelei, die Ziel und Zweck hat.
Warum sollten wir nicht unterstellen, es ginge letztlich darum, mit Blick auf die Tripartite, der Patronatsseite Sukkurs zu geben, weil sie, Einschnitte ins Sozialgefüge fordernd, einen Teil der Drecksarbeit übernehmen könnte, welche der erstarkte wirtschaftsliberale CSV-Flügel verlangt?
Herr Juncker, man lädt Ihnen haufenweise Chefsachen auf, meist von der Art, die den Portier angehen. Seien Sie richtiger Chef.
Lenken Sie die CSV definitiv auf den sozialpolitischen Kurs, von dem Sie im Ausland immer reden!
Welch Herausforderung wäre das für Ihren Partner, die LSAP!
Alvin Sold
asold@tageblatt.lu
- „Santé“ meldet 700 Infektionen über das Wochenende – keine weiteren Todesfälle - 16. Mai 2022.
- 98er-Benzin knackt 2-Euro Marke – alle Treibstoff- und Heizölsorten werden teurer - 16. Mai 2022.
- Von Ikebana bis hin zur Elektro-Rock-Oper – „Nuit de la Culture“ begeistert mit vielseitigem Programm - 16. Mai 2022.